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Brandenburg: Berliner Bärenlese

Von Bao Bao zu Yan Yan: Eine Schau feiert die Pandas der Stadt – aber nur präpariert

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Berlin - Sagt man über einen Menschen, dass er einem mal wieder ein Ohr abgekaut habe, so ist das, von kannibalistisch veranlagten Exemplaren abgesehen, nicht wörtlich gemeint. Aber Pandas sind eben keine Menschen, auch wenn manch einer sie fast knuddeliger als kleine Kinder findet. Und so muss hier leider daran erinnert werden, dass die erste Begegnung zwischen den legendären Schwarzweiß-Berlinern Bao Bao und Yan Yan, vor ziemlich genau 20 Jahren, überaus rabiat verlief. Bao Bao, das war der seit dem Dahinscheiden seiner Artgenossin Tjen Tjen im Jahre 1984 unbeweibte Pandamann, dem nun eine neue Käfiggefährtin zugeführt werden sollte zwecks erhoffter Vermehrung. Doch als Yan Yan mit ihren 52 Beißerchen zuschnappte, was das eindeutig kein Liebesbiss, sondern ein Zeichen von ausgesprochen schlechter Laune, der, so wird überliefert, ein halbes Panda-Ohr zum Opfer fiel.

Die beiden wurden dann doch kein Paar, sind dann aber zumindest im Tode vereint – für ziemlich genau sechs Monate. Im Museum für Naturkunde in Berlin wurde am Montagabend eine bis zum 31. Juli dauernde Sonderausstellung mit dem einprägsamen Namen „Panda“ eröffnet, der an das Berliner Panda-Wesen und vor allem an seine beiden Protagonisten Bao Bao und Yan Yan erinnert. Dach dem traurigen Dahinscheiden der rabiaten Dame wurde sie erst mal auf Eis gelegt, jetzt aber aufgetaut und zur Dermoplastik verwandelt, die nach der Ausstellung zurück nach China geht. So war es seit Langem vereinbart, Yan Yan war schließlich nur eine Leihgabe auf Zeit.

An Bao Bao war die Kunst hiesiger Tierpräparatoren schon vor einiger Zeit bewiesen worden, auch er wurde zur Dermoplastik, kann nun für ein halbes Jahr zwar nicht mehr wie einst mit Yan Yan schaulaufen, -fressen, -schlafen, aber zumindest schaustehen. Auch die Skelette der beiden Tiere hat man in der Schau aufgebaut, selbst ihre Exkremente hielt man für ausstellungswert, dazu gibt’s weitere Präparate und Sammlungsmaterial aus Berlin und Paris – ein Projekt von Naturkundemuseum, Zoo Berlin, dem WWF Deutschland und dem Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierforschung.

Berlin und die Pandas – eine sehr wechselhafte Geschichte voller Höhen und Tiefen, aufkeimender und wieder erlöschender Hoffnungen, von denen zuletzt nur noch drei ausgestopfte Bärenfelle und andere Überreste übrig blieben. Sie begann Anfang November 1980, als Bao Bao und Tjen Tjen aus Peking kommend über Frankfurt am Main in Westberlin eintraf – ein Geschenk des Chinesischen Ministerpräsidenten Hua Guofeng an Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der kam eigens samt Loki zur offiziellen Vorstellung aus Bonn angereist, was mehr als angemessen war, schließlich galt das Doppelpräsent als kleine Sensation. Mit ihren Pandabären waren die Chinesen stets sehr knauserig, aus gutem Grund: Die Viecher sind sehr selten.

Die Bären waren bald Stars im Zoo und zierten gemeinsam die Werbeaufkleber der Stadt, die damals den Aufdruck „Berlin tut gut“ trugen. Für das Weibchen traf das auf lange Sicht allerdings nicht zu: Eine Magen-Darm-Infektion streckte Tjen Tjen 1984 nieder, und alle Versuche, sie wieder aufzupäppeln, scheiterten. Schon sie wurde damals ausgestopft, was schon deswegen eine handwerkliche Herausforderung war, als bei der Behandlung einige Stellen des Fells rasiert worden waren. Die Bärin mutierte notgedrungen zum Flickenteppich.

Bao Bao hatte sich bis dahin schon als recht rabiat erwiesen, 1982 einen allzu vorwitzigen Fotografen gebissen. Auch fiel er 1991 an den Londoner Zoo zwecks Befruchtung der Bärin Ming Ming derart rabiat über sie her, dass die beiden mit einem Feuerlöscher getrennt werden mussten. Nachwuchs? Fehlanzeige.

Und das ging leider so weiter, als 1995 Yan Yan an Berlin ausgeliehen wurde, ein Verhandlungserfolg des damaligen Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen, der die Bärin auch persönlich nach Berlin begleitete. Das Interesse der Medien und des Publikums – eine Vorwegnahme des Rummels um Eisbär Knut – war riesig, das Interesse der beiden Bären aneinander aber gering. Nichts half: keine Hormonpräparate und andere Tricksereien, kein Panda-Porno, keine künstliche Befruchtung. Ohnehin ist der Zeitraum, in dem Pandafrauen empfängnisbereit sind, denkbar knapp bemessen.2007 dann das endgültige Aus: Yan Yan lag eines Nachmittags tot im Gehege – gestorben an den Folgen einer Darmverstopfung. 2012 folgte Bao Bao ihr in den Bärenhimmel, niedergestreckt durch Hodentumore und eine Nierenentzündung – und ohnehin in sehr fortgeschrittenem Alter.

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