Brandenburg: Berliner Kliniken stoppen religiöse Beschneidungen
Berlin - Das umstrittene Urteil des Kölner Landgerichts zur Beschneidung minderjähriger Jungen führt auch in Berliner Kliniken zu Konsequenzen: Das Jüdische Krankenhaus in Wedding wird wegen der Entscheidung bis auf Weiteres keine religiös begründeten Beschneidungen mehr durchführen. Man habe zwei für die kommenden Wochen angesetzten Operationen abgesagt, erklärte ein Kliniksprecher am Freitag.
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Berlin - Das umstrittene Urteil des Kölner Landgerichts zur Beschneidung minderjähriger Jungen führt auch in Berliner Kliniken zu Konsequenzen: Das Jüdische Krankenhaus in Wedding wird wegen der Entscheidung bis auf Weiteres keine religiös begründeten Beschneidungen mehr durchführen. Man habe zwei für die kommenden Wochen angesetzten Operationen abgesagt, erklärte ein Kliniksprecher am Freitag. Man könne die eigenen Chirurgen nicht im quasi rechtsfreien Raum operieren lassen. Rund 100 religiös motivierte Beschneidungen habe es 2011 gegeben.
Die meisten Beschneidungen erfolgen nach einer medizinischen Diagnose, etwa wegen Vorhautverengung. So werden in der Universitätsklinik Charité nur wenige Beschneidungen aus religiösen Gründen durchgeführt. „Wir setzen aber nun jede medizinisch nicht notwendige Beschneidung aus bis Rechtssicherheit herrscht“, sagte der zuständige Oberarzt Ahmed Magheli. Bei der landeseigenen Klinikkette Vivantes will man Eltern wie bisher auch dringend „empfehlen, die religiöse Beschneidung in das einwilligungsfähige, jugendliche Alter zu verschieben“. Man begrüße die „eindeutige juristische Stellungnahme“, schließlich könnten Beschneidungen ohne medizinische Indikation auch als Genitalverstümmelungen gewertet werden.
Am Dienstag hatte das Kölner Landgericht einen Arzt, der einen Jungen beschnitten hatte, zwar vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen, weil er das Unrecht seines Handelns nicht gekannt haben konnte. Im Urteil wurde aber festgestellt, dass Beschneidungen aus religiösen Gründen grundsätzlich strafbar seien. Das Recht des Kindes auf Unversehrtheit überwiege das Recht auf Religionsfreiheit der Eltern. Es sei zumutbar, wenn sie abwarten müssten, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheide. Das Urteil ist am Freitag rechtskräftig geworden.
Die CDU-Kirchenpolitikerin Maria Flachsbarth erklärte, das Urteil habe ihrer Ansicht nach aber keine bindende Wirkung über den Einzelfall hinaus. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat das Urteil als „Eingriff in die Religionsfreiheit“ bezeichnet. „Das Urteil konstruiert eine Schutzpflicht des Staates gegenüber einer Elternentscheidung“, erklärte Meisner. Diese Entscheidung sei für jüdische Eltern eine biblische Pflicht und für muslimische Eltern verpflichtende religiöse Tradition. H. Heine/J. Müller-Neuhof
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