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Brandenburg: Berlinnähe macht Brandenburg für Lehrer attraktiv Die Hauptstadt wirbt kreativer um Erzieher – aber mit weniger Erfolg. Schon 6000 Bewerber in der Mark
Potsdam - Bieder, preiswert, aber erfolgreich – Brandenburgs bundesweite Anzeigenkampagne für Lehrerjobs im Land trifft sechs Wochen vor dem Ende des Schuljahres auf überraschend viel Zuspruch. Mehr als 6000 Bewerber gibt es nach Angaben des Bildungsministeriums für einen Lehrerjob in Brandenburg.
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Potsdam - Bieder, preiswert, aber erfolgreich – Brandenburgs bundesweite Anzeigenkampagne für Lehrerjobs im Land trifft sechs Wochen vor dem Ende des Schuljahres auf überraschend viel Zuspruch. Mehr als 6000 Bewerber gibt es nach Angaben des Bildungsministeriums für einen Lehrerjob in Brandenburg. „Das ist ein Rekord“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Auch sonst ist die Kampagne ein Erfolg. Insgesamt 1000 Stellen sind zu vergeben. „Für 70 Prozent der Stellen sind Bewerber bereits eingestellt oder gebunden“, sagte Breiding. 630 Lehrer wurden schon eingestellt. Bei etwa 100 weiteren müssen noch die Personalräte zustimmen.
Der Bedarf ist in diesem Jahr so hoch, weil 600 Lehrer in den Ruhestand gehen. Zudem sollen nach den Plänen der rot-roten Landesregierung 400 zusätzliche Lehrer neu eingestellt werden, weil nach einer Tarifeinigung mit den Gewerkschaften die Wochenarbeitszeit wegen der hohen Arbeitsbelastung um eine Stunde gesenkt wurde.
Dass die Mitte März gestartete Kampagne Brandenburgs solchen Erfolg hat, verwundert nicht nur Experten, sondern auch das Bildungsministerium selbst. Dort hatte man nur ein vergleichsweise geringeres Budget von 40 000 Euro für Anzeigen in überregionalen Zeitungen, besonders in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurde geworden, weil es dort mehr Lehramtsabsolventen als freie Stellen gibt. Doch für die Kampagne gab es einigen Spott. Denn während Brandenburg in seinen sachlich-nüchternen Anzeigen („Wir brauchen Sie“) allein informiert und – im Gegensatz zu Berlin – die Verbeamtung verspricht, setzte das Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern auf Pfiff, die Schönheit des Landes im Norden und auf witzige Sprüche. In Mecklenburgs Kontaktanzeigen suchte etwa eine „hübsche norddeutsche Schule“ nach einem Lehrer, der „auf kleine Klassen und Meer“ steht, oder einem für „Geo, Physik und Sonnenbaden“.
Eine Million Euro gab das Ministerium in Schwerin aus, 500 000 Postkarten wurden in Studentenkneipen verteilt, auf denen Mecklenburg-Vorpommern – auch dort wird verbeamtet – mit den kleinen Klassen wirbt, nämlich mit der hintersinnigen Frage: „Willst du 18 Kinder von mir?“ Selbst SPD-Landtagsfraktionschef Klaus Ness räumt ein, die Nachbarn im Norden hätten eine „frischere“ Kampagne.
Doch all der Spott über Brandenburgs biedere Kampagne und die Warnungen der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor einem „ruinösen Wettbewerb zwischen den Bundesländern“ laufen ins Leere. „Am Ende zählt aber, wie viele Lehrer neu eingestellt werden, nicht wie sexy eine Anzeige ist“, sagte Ministeriumssprecher Breiding. Denn Brandenburg hat gewonnen: In Mecklenburg-Vorpommern haben sich nur 1700 Pädagogen beworben. Grund dafür dürfte nach Einschätzung des Ministeriums und von Ness die Nähe zu Berlin sein. Nachwuchslehrer, also jüngere Menschen, würden danach entscheiden, wo sie leben, und nicht danach, wie die Anzeige aussieht, sagte Ness. „Es ist offensichtlich so, dass es natürlich leichter ist, im Berliner Umland Stellen zu besetzen.“
Mit Berlin, wo neue Lehrer angestellt werden und netto weniger verdienen, will Brandenburg auch künftig um frisches Personal werben. Das Bildungsministerium in Potsdam lässt für 10 000 Euro noch einen Werbefilm produzieren für die nächsten Jahre. Darin werden Lehrer vorgestellt, die in Brandenburg ihr Glück gefunden haben. Etwa weil sie wegen geringerer Lebenshaltungskosten mehr Geld übrig haben, weil die Schulen in den vergangene 20 Jahren mit viel Geld saniert wurden, gut ausgestattet sind, angeblich teils besser als in Baden-Württemberg. Oder weil die neuen Lehrer in Berlin leben können und täglich ins Umland pendeln.
Berlin, das 2000 neue Lehrer sucht, zählt übrigens nur 5600 Bewerber. Für den Rest gibt es 1800 Bewerbungen von Lehrern und 3300 von Quereinsteigern.
In Brandenburg sind etwa die Hälfte der Bewerber ausgebildete Lehrer. Das Bildungsministerium geht davon aus, dass nur in Ausnahmefällen – wie im Fach Musik – auf Seiteneinsteiger zurückgegriffen werden muss. Ausgebildete Musiklehrer seien der „neue Goldstaub auf dem Lehrermarkt“. Gesucht werden vor allem noch Grund- und Oberschullehrer. Besonders für die Fächer Deutsch, Mathematik, Kunst, Musik, Englisch, Sport und Sachkunde fehlt Personal. Kritische Fächer, wo der Personalbedarf besonders hoch ist, sind neben Musik auch Biologie und Chemie.
nbsp;Alexander Fröhlich
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