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Brandenburg: Besorgnis über polnische Atompläne

Uckermark fürchtet mögliches Kernkraftwerk jenseits der Oder. Landesregierung kündigt Gespräche an

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Potsdam - Brandenburg steht polnischen Überlegungen zum Bau von Atomkraftwerken, möglicherweise auch in Nähe der deutschen Grenze, kritisch gegenüber. Es seien leider nicht nur Gerüchte, sagte Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) gestern vor dem Landtag. Er kündigte an, dass die Landesregierung „auf allen Kontaktebenen dem polnischen Partner Brandenburgs Bedenken und Sorgen bezüglich der Energiegewinnung auf der Basis der Kernspaltung nahe bringen“ werde.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) habe dies während seines kürzlichen Besuchs in Warschau bereits zum Ausdruck gebracht. Sollte das EU-Mitglied Polen seine Überlegungen weiterverfolgen, gehe man davon aus, „dass sowohl im Standortwahlverfahren als auch im Genehmigungsverfahren zum Bau und zur Inbetriebnahme, sofern ein grenznaher Standort zur Diskussion steht, die Bürger Brandenburgs und die Landesregierung beteiligt werden“, erklärte Woidke.

Anlass für die offizielle Stellungnahme der Landesregierung zum möglichen Bau von Kernkraftwerken in Polen ist die wachsende Besorgnis und Unruhe vor allem in der Oderregion, die jüngste Berichte in der Stettiner Zeitung „Glos Szczecinski“ ausgelöst haben. Danach sollen die Überlegungen für den Bau mehrerer Atomkraftwerke in Polen zwischen 2015 und 2020 inzwischen konkrete Formen annehmen. Die Zeitung will erfahren haben, dass in staatlichen Ämtern bereits eine Karte mit vorgesehenen Standorten existiere. Dazu zählt angeblich auch die Stadt Gryfino (Greifenhagen) nur etwa 25 Kilometer nordöstlich von Schwedt. Die dortige SPD hat Mittwochabend Bundesumweltminister Sigmar Gabriel einen Offenen Brief übergeben, in dem dieser gebeten wird, den Bau eines Atomkraftwerkes an der deutsch-polnischen Grenze und damit am Nationalpark Unteres Odertal zu verhindern. „Die Menschen in Schwedt und der gesamten Uckermark sind tief besorgt und stark verunsichert über die Vorgehensweise der polnischen Nachbarn“, heißt es darin wörtlich.

Das Bundesumweltministerium erklärte auf Anfrage, ihm seien bisher „keine Planungen“ bekannt. Man wisse aber, dass Polen den Bau von Atomkraftwerken erwäge, „allerdings frühestens 2020“. Woidke sagte, dass die Überlegungen in Polen „noch nicht sehr weit vorangeschritten sind“. Allerdings werde in aktuellen Strategiepapieren zur Energiepolitik die Notwendigkeit des Baus von Kernkraftwerken mit drohendem Energiemangel begründet.

Die Landesregierung nimmt die Überlegungen Polens trotzdem ernst. Gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten sagte Woidke, Kernenergie „sei keine Zukunftslösung für das Energieproblem, sondern ein Irrweg – schon weil Uran nicht endlos zur Verfügung steht“. Darüber werde man mit den polnischen Nachbarn auf Sachebene reden. Allerdings müsse man akzeptieren, dass Polen ein souveräner Staat sei und selbst über seine Energie-Strategie entscheiden werde.

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