Brandenburg: Bewegtes Brandenburg
Die CDU gewinnt die Kommunalwahl in Brandenburg knapp vor der SPD. Die Linken sind nur drittstärkste Kraft, die Grünen legen zu, ebenso die AfD. Aber was folgt daraus für die Landtagswahl?
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Noch vier Monate. Brandenburg, seit 1990 von SPD-Ministerpräsidenten regiert, steuert auf die wohl spannendste Landtagswahl in der Landesgeschichte zu: Denn nun läuft am 14. September wohl alles auf ein knappes Duell zwischen Sozialdemokraten und Christdemokraten hinaus, nachdem die CDU im lange „roten Brandenburg“ nach der Bundestagswahl letzten Herbst am Sonntag nun auch die Kommunalwahl im Lande gewann, wenn auch mit hauchdünnem Vorsprung vor der SPD. Was bedeutet das für die Landtagswahl am 14. September? Eine Analyse.
CDU im Angriff
Die märkische Union ist wieder da. Ziel der CDU sei, bei der Landtagswahl stärkste Kraft zu werden, sagte Generalsekretärin Anja Heinrich am Montag. „Das ist möglich, wenn wir nicht selbstherrlich werden.“ Brandenburg ist ein Flächenland. Deshalb hat insbesondere der Sieg bei der Kommunalwahl, die die Union mit 24,8 Prozent vor der SPD mit 24,5 Prozent gewann, für die CDU strategische Bedeutung. Die Zuwächse zeigen, dass die Union wieder an den Brandenburger Themen dran ist und etwa mit der Kritik an der vermurksten Polizeireform im Land einen Nerv trifft. Auch das Abschneiden bei der Europawahl, wo die märkische Union gegen den Bundestrend zulegte, ist dafür ein Indiz – und wichtig für das Selbstbewusstsein der Partei. „Es zeigt, dass wir nicht nur vom Merkel-Bonus profitieren“, sagte Heinrich, die sich zum Umgang mit der AfD nicht festlegen wollte. Sie kenne weder deren Programm noch deren Chef Alexander Gauland. Hochburgen der CDU sind das von Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann regierte Brandenburg an der Havel, wo die Christdemokraten 37,3 Prozent holten, und Elbe-Elster im tiefen Süden mit 35,1 Prozent. Am schwächsten ist die CDU in Potsdam, wo die Partei nur auf 15,5 Prozent kam.
Angeschlagene SPD
Für Dietmar Woidke, den SPD-Landesparteichef und Ministerpräsidenten, und seine Partei geht es nun um alles. Erst das Fiasko bei der Bundestagswahl, nun die Niederlage bei der Kommunalwahl. Der Sieg bei der Europawahl, die die Genossen erstmals seit Ewigkeiten gewannen, ist da nur ein schwacher Trost.
Mit dem Verlust von Cottbus an die CDU ist die SPD in keiner der vier kreisfreien Städte Brandenburgs mehr stärkste Kraft. Dabei hatte dort Bildungsministerin und Vizeparteichefin Martina Münch – auch als Ministerin umstritten – für die Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Allerdings bleibt die SPD stärkste Kraft in acht Kreistagen (CDU 6, Linke 4). Und die Genossen bauen darauf, dass Brandenburgs Bevölkerung – so war es auch diesmal – bei Wahlen differenziert, wie Generalsekretärin Klara Geywitz sagte. Vor allem aber setzen die Genossen nun alles auf auf den Spitzenkandidaten Dietmar Woidke und seinen Amtsbonus: „Er ist der mit Abstand bekannteste und populärste Politiker“, sagte Geywitz.
Ein bisher unkalkulierbares Risiko für die SPD ist, wie sich das BER-Desaster – auch in Verantwortung des früheren Regierungschefs und langjährigen Vize-Aufsichtsratsvorsitzenden Matthias Platzeck – bei der Brandenburg-Wahl auswirken wird. Bei der Bundestagswahl und bei der Kommunalwahl waren keine direkten Zusammenhänge ablesbar. Wie knapp es werden könnte, zeigte eine Auswertung des Landesbetriebes für Statistik Berlin-Brandenburg, der das Kommunalwahlergebnis auf die Wahlkreise der Landtagswahl umrechnete. Bliebe dieser Trend, würde die CDU 18 Direktwahlkreise holen, die SPD 17, die Linken 9.
Linke
„Wir können mehr“, sagte Partei- und Fraktionschef Christian Görke, der die Linken als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führen wird. Nach der Bundestagswahl sind die Linken nun auch bei der Europa- und Kommunalwahl auf Platz drei hinter die CDU zurückgefallen, sie verloren im Schnitt rund vier Prozent, wie Görke sagte. Selbst in den bisherigen Hochburgen Potsdam, Barnim und Frankfurt (Oder)m wo die Linken stärkste kommunale Kraft sind, mussten sie – seit 2009 in der Regierung – herbe Verluste einstecken. Görke macht sich keine Illusionen. Für seine Partei geht es darum, ob nach der Landtagswahl Rot-Rot fortgesetzt werden kann. Bei Bundestags-, Europa- und Kommunalwahl kamen SPD und Linke zusammen auf 45 Prozent.
Grüne, FDP und AFD
Die Grünen haben fast überall zugelegt, wie Parteichef Benjamin Raschke sagte. Hochburgen sind der Speckgürtel, in Kleinmachnow holte die Partei zwanzig Prozent, in Falkensee 19,7 Prozent. Selbst in berlinfernen Regionen wie der Prignitz, wo das Ergebnis gegenüber 2008 verdoppelt werden konnte. Bei der Landtagswahl erwarte man weitere Zuwächse – auch wegen des BER-Themas, wo gerade eine Volksinitiative gegen eine dritte Startbahn anläuft. Für die FDP, schon bei der Bundestagswahl abgestürzt, wird der Wiedereinzug in den Landtag zur Zitterpartie, 4 Prozent bei der Kommunalwahl, 2 Prozent bei der Europawahl. Für die Landtagswahl ist mit der Alternative für Deutschland (AfD), die in Brandenburg vom konservativen Publizisten Alexander Gauland geführt wird, ein neuer Spieler auf dem Feld – mit 8,5 Prozent bei der Europawahl und 3,9 Prozent bei der Kommunalwahl. In Frankfurt (Oder) holte die AfD 11,6 Prozent, bei der Europawahl sogar ihr landesweit bestes Ergebnis mit 12,8 Prozent. Der Oberbürgermeister von Frankfurt, Martin Wilke (parteilos), will nun auch Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland (AfD) ausloten. Die AfD ist künftig mit 14 Sitzen in den Stadtverordnetenversammlungen aller kreisfreien Städte Brandenburgs vertreten. In ganz Brandenburg hatte die Partei aus dem Stand 39 Sitze bei der Kommunalwahl erreicht.
Auch Bauern machen Politik
In allen Kreistagen sind erneut 44 Bauernvertreter eingezogen. „Die Fraktionen dort sind mehr als das Zünglein an der Waage“, sagte Wolfgang Scherfke, Geschäftsführer des Landesbauernverbands. Es sei ein Stimmenanteil – ohne die kreisfreien Städte – von 5,4 Prozent erreicht worden. Im Landkreis Prignitz etwa haben die Bauern, zusammengeschlossen in lokalen Bündnissen, über 13,8 Prozent und in Elbe-Elster 11,3 Prozent erreicht. „Wir sind besser als die Liberalen“, sagte Scherfke. Die Bauernvertreter werden aber nicht zur Landtagswahl antreten.
Meinung
nbsp;Thorsten Metzner
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