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Brandenburg: Bio-Landwirte für Nachfrage zu klein Öko-Verbände fordern Aktionsplan von Rot-Rot

Potsdam - Brandenburg verschläft nach Einschätzung von Experten den Bio-Boom. SPD und Linke hätten im Koalitionsvertrag 2014 vereinbart, den Ökolandbau weiter auszubauen und eine Verarbeitungs- und Vermarktungsstrategie zu entwickeln, sagte Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL), am Freitag in Potsdam: „Darauf warten wir noch.

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Potsdam - Brandenburg verschläft nach Einschätzung von Experten den Bio-Boom. SPD und Linke hätten im Koalitionsvertrag 2014 vereinbart, den Ökolandbau weiter auszubauen und eine Verarbeitungs- und Vermarktungsstrategie zu entwickeln, sagte Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL), am Freitag in Potsdam: „Darauf warten wir noch.“ Trotz der rasant steigenden Nachfrage nach ökologischen Lebensmitteln würden in Brandenburg kaum noch neue Flächen auf Bio-Landwirtschaft umgestellt, sagte Wimmer. Zudem fehlten regionale Verarbeitungsbetriebe und Vertriebsstrukturen, um Großabnehmer wie Schulcaterer in Berlin zu versorgen.

In Brandenburg herrsche beim Ausbau der Bio-Landwirtschaft seit zehn Jahren „absoluter Stillstand“, obwohl sich der Markt in der Zeit verdreifacht habe, betonte Wimmer. Im Bundesland würden derzeit 10,3 Prozent der rund 136 500 Hektar Nutzflächen ökologisch bewirtschaftet. Damit liege Brandenburg zwar im Bundesvergleich weiter im vorderen Bereich, sei aber inzwischen von Hessen und dem Saarland überholt worden und könne zudem die regionale Nachfrage nicht befriedigen. Die bereits ökologisch wirtschaftenden Betriebe profitierten zwar von der Entwicklung, weil sie mangels Konkurrenz steigende Preise erzielen, sagte Wimmer: „Die Bauern im System freuen sich.“ Konventionelle Betriebe nutzten die Chance, durch eine Umstellung auf Bio-Landwirtschaft an der Marktentwicklung teilzuhaben, jedoch kaum.

Schuld daran seien neben unzureichenden Förderprogrammen auch Informationsdefizite über die Umstellung auf Bio in der konventionellen Landwirtschaft, sagte Sascha Philipp vom Bio-Landgut Pretschen: „Wir brauchen eine umfassende Beratungsstruktur.“ Brandenburg brauche zudem eigene Verarbeitungsbetriebe, um teure und klimaschädliche Transporte zur Weiterverarbeitung in andere Bundesländer zu reduzieren, sagte Philipp. So würden Tiere derzeit zum Schlachten in der Regel nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gebracht. Der Regionalcharakter gehe damit verloren, die Wertschöpfung in Brandenburg leide ebenfalls.

Das Land müsse deshalb nach dem Vorbild anderer Bundesländer einen Aktionsplan mit Modellregionen starten, hieß es. Anders als Brandenburg hätten Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bereits konkrete Aktionspläne zur Steigerung der ökologisch bewirtschafteten Flächen, die die gesamte Wirtschaftskette bis hin zum Verbraucher in den Blick nähmen, sagte Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW): „So etwas fehlt in Brandenburg.“ Ökologische Landwirtschaft sei kein Selbstzweck, sondern ein Weg aus der Sackgasse, in die die konventionelle Landwirtschaft derzeit steuere, sagte Röhrig. Es sei ein „Kardinalfehler in Brandenburg, dass Bio als Stiefkind behandelt“ werde. Brandenburg sei beim Öko-Landbau derzeit in der Milch- und Getreideproduktion relativ stark, sagte Philipp. Beim Gemüse- und Obstanbau gebe es jedoch große Defizite, obwohl Berlin dafür ein großer Markt sei. Positiv in der brandenburgischen Landwirtschaftspolitik sei, dass künftig das Tierwohl stärker gefördert werde. „An dieser Stelle muss man auch mal loben“, sagte Philipp.

Der Agrarexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Benjamin Raschke, nannte die Entwicklung des Ökolandbaus in Brandenburg äußerst beunruhigend. Die Anbaufläche stagniere seit Jahren, obwohl der deutsche Bio-Markt allein 2016 ein Umsatzplus von 9,9 Prozent erzielt habe. Doch Brandenburgs Landesregierung schöpfe dieses Potenzial kaum aus. Yvonne Jennerjahn

Yvonne Jennerjahn

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