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Geheime Mitte. Die Gebäude des Bundesnachrichtendienstes wurden auf dem Gelände des früheren Stadions der Weltjugend errichtet. Im Gebäude links befinden Parkhaus und Technikszentrale. Außer dem Haupttrakt mit den Büros gibt es ein Besucherzentrum.

© D. Laubner

Brandenburg: BND-Neubau 14 Monate später fertig

Außerdem steigen die Gesamtkosten auf über 1,4 Milliarden Euro. Und das Projekt könnte noch viel teurer werden.

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Berlin - Das größte Bauprojekt, das die Bundesrepublik jemals auf den Weg gebracht hat, entwickelt sich zu einer der größten Fehlkalkulationen von Haushalts- und Bauexperten. Auf 1,4 Milliarden Euro sind die Gesamtkosten für das Großprojekt an der Chausseestraße und den Umzug der Topspione vom bayerischen Pullach nach Berlin inzwischen gestiegen, doppelt so viel wie ursprünglich in der Diskussion gewesen waren. Ursache sind Pannen auf der Baustelle, Umplanungen und ein Beschluss der Regierung, der – ähnlich wie nach der Vereinigung mit vielen Ministerien geschehen – die Behörde aufspaltet und auf zwei Dienstsitze verteilt.

Und die Abschlussrechnung für das Großprojekt liegt immer noch nicht vor: „Die Zusatzkosten für die Bauzeitverzögerung verschweigt die Bundesregierung nach wie vor“, sagt Jan Korte für die Linke im Bundestag. Wolfgang Bosbach (CDU) sagte auf Anfrage, „dass die Kostenschätzung viel zu optimistisch war. Realistisch wäre besser gewesen.“ Bosbach hatte frühzeitig auf die mit dem Umzug verbundenen Finanzrisiken hingewiesen und rechnet unverändert mit Gesamtkosten zwischen 1,5 und zwei Milliarden Euro.

Eine Ursache für die Verspätung bei der Fertigstellung des Großprojektes sind die Mängel bei den „raumlufttechnischen Anlagen“. Diese waren nicht normgerecht eingebaut worden, und nachdem sich die bauausführende Firma geweigert hatte, die Arbeit sachgerecht durchzuführen, hatte ihr das für den Bau zuständige Bundesamt für Bauwesen den Vertrag gekündigt. Nun sind andere Firmen eingesprungen. Die Folgen: Die Kosten für diese Arbeiten verdoppelten sich nahezu von ursprünglich zwölf Millionen Euro auf 23,5 Millionen Euro. Noch schwerer wiegt allerdings die Verzögerung des Projektes infolge des Streits mit der gekündigten Firma: Bevor die Klimatechnik nicht fertiggestellt ist, können nachfolgende Arbeiten zunächst nicht ausgeführt werden – und aus dieser Verzögerung leiten die beauftragten Unternehmen Schadensersatzansprüche ab. „Jede Bauzeitverzögerung führt zu Zusatzkosten, auch beim BND-Neubau“, fasst Bosbach das Dilemma zusammen.

Besonders hart ins Kontor schlug der Beschluss des Bundestags, einen Teil des Geheimdienstes in Pullach zu belassen. Denn ursprünglich sollten die Grundstücke in Bayern nach dem Umzug verkauft werden, um mit diesen Erträgen das Baubudget zu entlasten. Stattdessen entstehen in Pullach „Mehrkosten“ in Höhe von 52,5 Millionen Euro, wie es im „12. halbjährigen Bericht über den Neubau der Zentrale des BNDs in Berlin“ heißt. Dieser enthält auch einen neuen „Grobablaufplan“, wonach die „Gesamtfertigstellung“ für „Juli 2015“ vorgesehen ist, 14 Monate später als bisher geplant. Allerdings sind in dieser Planung sieben Monate „Puffer“ eingebaut, um mögliche neue Probleme bei den Arbeiten auffangen zu können.

Eine gewaltige Summe verschlingt auch die „Erstausstattung“ des Gebäudes. Diese ist bereits im Gange, heißt es in Architektenkreisen und wird dem Budget zufolge mehr als 200 Millionen Euro verschlingen. Zusätzliche Kosten, die ursprünglich nicht vorgesehen waren, entstanden durch den Bau einer gemeinsamen Ausbildungseinrichtung von Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst auf dem BND-Areal. In dem separat gelegenen Gebäude sollen die Mitarbeiter aus- und fortgebildet werden.

Aus BND-Kreisen ist zu hören, dass der Umzug der Mitarbeiter von Pullach nach Berlin im Jahr 2016 abgeschlossen werden soll, ein Jahr nach dem Umzug der ersten Mitarbeiter. Rund 1000 der 4000 Nachrichtendienstler sollen in Bayern bleiben. Mehrere Hundert BND-Mitarbeiter sind bereits heute in Berlin tätig, am Dienstsitz Gardeschützenweg in Steglitz. BND-Präsident Gerhard Schindler hatte nach einem Bericht der „Berliner Morgenpost“ die Sorge geäußert, dass die Behörde „regelmäßig junge neue Mitarbeiter verliert“, die mit der Aussicht auf einen Arbeitsplatz beim BND in Berlin angeheuert hatten. Diese suchen wegen des verspäteten Umzugs nun andere Arbeitgeber in der Hauptstadt.

Die von der streng bewachten Baustelle geschleusten Baupläne beeinträchtigen nach Angaben des Bundes nicht die Sicherheit im Neubau für die deutschen Topspione. Die Pläne hätten „ohne weiteren Nachweis kopiert und auch außerhalb des Baufeldes bearbeitet werden“ dürfen und hätte nur einen niedrigen „Verschlussgrad“ gehabt. Die Forderung nach einer Umplanung sei deshalb „aus sicherheitlicher Sicht beim jetzigen Kenntnisstand ohne Substanz“. In den Plänen waren Angaben zu Wandstärken, Kabelschächten, Lage von Fenstern, Sicherheitsschleusen und Schallschutz enthalten. Ralf Schönball

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