Von Thorsten Metzner: Bodenreform: Verantwortung geklärt
Ex-Finanzstaatssekretär mit Erinnerungslücken / Untersuchungsausschuss erarbeitet Abschlussbericht
Stand:
Potsdam – Im Brandenburger Enteignungsskandal um Bodenreformland hat der Ex-Finanzstaatssekretär und heutige Lotto-Manager Horst Mentrup Versäumnisse eingestanden. „Aus heutiger Sicht sind Fehler gemacht worden. Es ist klar, dass das Verfahren nicht in Ordnung war. Aus damaliger Sicht war das für mich nicht erkennbar“, erklärte Mentrup, der Geschäftsführer der landeseigenen Lottogesellschaft ist, am Dienstag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages. Allerdings konnte sich Mentrup, in dessen Amtszeit die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Landnahme von rund 10 000 Bodenreformgrundstücken durch das Land Brandenburg fiel, an konkrete Abläufe „nicht erinnern“.
Gestern vernahm das parlamentarische Aufklärungsgremium, das im Frühjahr seinen Abschlussbericht vorlegen will, mit Mentrup und dem bereits in mehrere Landesaffären verwickelten Finanzabteilungsleiter Helmut Baesecke die letzten Zeugen.
In dieser Schlussvernehmung wurde geklärt, wer im zuständigen Finanzministerium die Entscheidung für die umstrittene Praxis fällte. Baesecke bestätigte erstmals, dass er gemeinsam mit einem ihm unterstellten Referatsleiter 1999 entschieden hatte, Bodenreformgrundstücke unbekannter Erben vor dem Ablauf der Frist am 2. Oktober 2000 über gesetzliche Vertreter „vorläufig“ in Landesbesitz zu überführen. Es sei aber klar gewesen, dass Eigentümer, die später auftauchten, ihren Besitz erhalten sollten, betonte er. Hintergrund des Vorgehens war, dass das Land nach dem Stichtag keine eigenen Ansprüche mehr auf solche Grundstücke geltend machen konnte. Auf Nachfrage der Linke-Opposition räumte Baesecke ein, dass damals auch ein alternatives Verfahren erwogen, aber verworfen wurde. „Wir haben diese Abwägung vorgenommen“, sagte Baesecke. Die Ministeriumsspitze habe man nicht informiert. Das aus Sicht der Linken alternative, rechtskonforme Verfahren hätte nach Worten von Baesecke jedoch bedeutet, dass das Land Brandenburg in rund sechstausend Fällen seine möglichen Ansprüche gegen unbekannte Erben hätte einklagen müssen. „Wir wollten die Justiz nicht mit Massenklagen zuschütten.“
Inzwischen hat das Land Brandenburg in 288 Fällen den rechtmäßigen Besitzern die Rückgabe ihrer Grundstücke „verbindlich zugesagt“, sagte Ingo Decker, Sprecher des Finanzministeriums. In 158 Fällen sei die Rückgabe der Flächen, insgesamt 4,6 Millionen Quadratmeter Acker und Wald, bereits erfolgt. Das Ministerium geht davon aus, dass in 447 Fällen Grundstücke zurückgegeben werden. In den anderen über 9000 Fällen, wo die rechtmäßigen Erben nicht bekannt sind, will das Land sich aus den Grundbüchern als Eigentümer wieder streichen lassen und Nachlasspflegschaften beantragen. Insgesamt hatten sich nach dem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofes rund 2000 Bürger an Brandenburger Stellen gewandt, um verlorenes Bodenreform-Eigentum zurückzubekommen. 1400 Fälle wurden abgelehnt, weil die Ansprüche nicht berechtigt waren.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: