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Von Thorsten Metzner: Brandenburg droht keine politische Wende

Die jüngste Umfrage passt den großen Parteien SPD, CDU und Linken gut ins Konzept – fast

Stand:

Potsdam - Eigentlich müssten bei Brandenburgs Christdemokraten die Sektkorken knallen. Doch CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski sagt Sätze wie diese: „Wir nehmen das zur Kenntnis. Aber wir nehmen es nicht sehr ernst.“ So klingt die offizielle Reaktion der brandenburgischen CDU auf das aktuelle Brandenburg-Politbarometer aus, das in der „Sonntagsfrage“ die Union, die seit 2004 stabil drittstärkste Kraft ist, bei der Landtagswahl 2009 auf 19,8 Prozent fiel, erstmals seit Ewigkeiten gleichauf mit der Linkspartei sieht. Dabei hatte die SPD, sogar Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) persönlich im Landtag, der Union wegen deren aggressiven Oppositionskurses gegen Rot-Rot einen weiteren Absturz prophezeit.

Doch nach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der SPD, bei der das Institut TNS Infratest vom 28. Februar bis 6. März 2011 eintausend Brandenburger befragte, liegen CDU und Linke derzeit beide bei 24 Prozent. Die von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführte SPD kommt auf 35 Prozent – trotz der Rücktritte von Innenminister Rainer Speer und Bildungsminister Holger Rupprecht, trotz Krampnitz-Affäre und jüngsten Enthüllungen zu einem (gescheiterten) Versuch, auf illegalem Wege Geld in die Kassen zu bekommen. Ein Ergebnis, das selbst die SPD in dieser Deutlichkeit überraschte.

Nun sind Umfragen, die Parteien in Auftrag geben, stets mit Vorsicht zu genießen. Sie wollen damit Politik machen, Stimmungen beeinflussen. Unangenehme Ergebnisse wandern da schon mal in den Panzerschrank. Das ist ein Grund für die Skepsis und das Misstrauen der Union, wie Dombrowski bestätigt. „Wir machen unsere Arbeit weiter. Es geht in die richtige Richtung“, fügt er hinzu. „Es passt zu gut in die Strategie der SPD.“ Tatsächlich kommt die Umfrage der SPD gelegen.

Die Ergebnisse taugen innerhalb der rot-roten Koalition als Keule gegenüber dem Linke-Koalitionspartner, der im Regierungsgeschäft selbstbewusster auftrumpft, sich nicht mehr alles von der SPD bieten lässt, wie jüngst im Konflikt um das von der SPD torpedierte Spargesetz von Umweltministerin Anita Tack zur Streichung der Zuschüsse für Großagarbetriebe für die Tierkörperbeseitigung. Intern ist man in der Union durchaus erleichtert, dass es keine weitere Abwärtsbewegung gab.

Im März 2010 und im September 2010 hatten die Christdemokraten bei 21 Prozent gelegen. Selbst Christdemokraten prophezeien hinter vorgehaltener Hand, dass eine Debatte um den Kurs und um die Vorsitzende Saskia Ludwig ausbrechen könnte, wenn die Union im 20-Prozent-Keller verharrt.

Die Koalitionsparteien wiederum beunruhigt dieser CDU-Aufwind nicht, da er nicht zu Lasten von Rot-Rot geht. Während sich die Grünen mit 8 Prozent stabil halten, fiel die FDP, bei der Landtagswahl noch bei 7 Prozent, jetzt auf drei Prozent. „Die CDU holt sich das zurück, was ihr die FDP abgenommen hat“, sagt etwa Linke-Landeschef Thomas Nord. Für ihn ist maßgeblich, dass 57 Prozent der Brandenburger mit der rot-roten Regierung zufrieden sind. „Die Akzeptanz ist weiter gewachsen.“

Trotz mancher Konflikte sei die Linke in der Wählergunst noch nie so stabil in eine rot-rote Regierung gestartet wie in Brandenburg. In Berlin etwa gab es im ersten Jahr des rot-roten Senats massive Einbrüche bei den Linken. Für Nord zeigt die Umfrage aber auch, wie das Land in sich ruht, „wie resistent sie gegenüber den Potsdamer Skandalen und Skandälchen sind“. Der Linke-Chef zieht ironisch einen größeren Bogen, dass das in der Mark womöglich immer schon so war. „Man hat sich daran gewöhnt. Wenn bei Hofe etwas passiert, muss ich noch lange nicht meinen Garten umgraben.“

Streng genommen passt dazu die Analyse der SPD-Auftraggeber. Dass derzeit kaum eine Landesregierung in Deutschland so hohe Zustimmung genieße wie Rot-Rot in Brandenburg, dass „der Krawallkurs der CDU nicht belohnt“ wird, sagt SPD-Generalsekretär Klaus Ness, liege eben an Ministerpräsident Matthias Platzeck.

Kein anderer Regierungschef stehe in Umfrage derzeit so gut da wie der in Brandenburg. „Er ist eben kein Senkrechtstarter. Er ist seit 20 Jahren in der Politik. Da hat sich ein Grundvertrauen herausgebildet.“ Wenn es eine Direktwahl gäbe, würden 74 Prozent der Brandenburger Platzeck wählen, im August 2009 waren es 73 Prozent.

Allerdings kann man daraus auch andere Schlüsse ziehen als die SPD, die sich in den Umfrageergebnissen sonnt: Der Erfolg der 20-jährigen Regierungspartei, die nichts ohne ihren Spitzenmann wäre, die keine Alternative hat, beruht immer noch allein auf der Popularität Platzecks. Für die SPD, darauf setzt die Opposition, ist das eine gefährliche Schwäche.

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