Von Sigrid Kneist und Thorsten Metzner: Brandenburg lockt Jung-Lehrer mit Beamtenstatus
Rupprecht: In diesem Jahr 450 Neueinstellungen / Offensive Werbung auch in Berlin
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Potsdam/Berlin - Das Land Brandenburg steigt offensiv in den bundesweiten Abwerbewettbewerb um junge Lehrer und Referendare ein. Auch im Nachbarland Berlin soll erstmals offensiv um Lehrer geworben werden. Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) sagte am Mittwoch in Potsdam sehr deutlich, wie er die jungen Lehrer locken wolle: „Wir werden jeden, der es wünscht und der die Voraussetzungen erfüllt, verbeamten. Das ist ein entscheidender Standortvorteil. Wir werden auch offensiv an junge Berliner mit diesem Angebot gehen.“ So wolle man jetzt auch in Zeitungsanzeigen in Berlin und bundesweit werben. In Berlin werden junge Pädagogen seit 2004 nicht mehr verbeamtet. Erst im vergangenen Jahr hatte Baden-Württemberg um Berliner Pädagogen geworben – unter anderem mit großen Plakaten „Sehr guten Morgen, Frau Lehrerin“ in den U-Bahnhöfen. Diese Aktion war seinerzeit auf scharfe Kritik von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gestoßen und hatte schließlich einen Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Folge, wonach ein Bundesland eine Werbeaktion in einem anderen Land „nur im Einverständnis mit dem jeweiligen anderen Land“ durchführen darf.
Auf den Brandenburger Vorstoß gibt es jetzt nur eine verhaltene Reaktion. Er sei „von der KMK-Linie noch gedeckt“. Zöllners Sprecher Jens Stiller sagte: „Dass Brandenburg verbeamtet, ist jungen Berliner Lehrern seit langem bekannt. Das ist kein Problem für uns.“ Berlin habe sich erst im vergangenen Jahr dazu entschlossen, Gehälter von neu angestellten Lehrern um 1200 Euro zu erhöhen und auch weiterhin nicht zu verbeamten. An dieser Linie halte man fest. Brandenburgs Bildungsminister Rupprecht äußerte hingegen Zweifel, ob Berlin diese Praxis beibehalten könne. Über seine Initiative habe es „keine direkte Abstimmung“ mit Berlin gegeben. Er habe seinen Kollegen Zöllner jedoch in einem Telefonat darüber informiert. „Er hat nicht gejubelt“, sagte Rupprecht. „Wir sind Freunde, aber wir sind eben auch Konkurrenten.“ Der Vorgang berührt das sensible Verhältnis beider Länder, die sich nach der gescheiterten Fusion offiziell eine immer engere Kooperation auf die Fahnen geschrieben haben.
Dass Brandenburg erstmals seit 1990 überhaupt massiv um junge Lehrer wirbt, ist eine direkte Folge von Rot-Rot in Potsdam. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Linke versprochen, bis zum Ende der Legislaturperiode 1200 Lehrer einzustellen, was angesichts der zunehmenden Pädagogen-Knappheit in Deutschland schwierig wird. Schon in diesem Jahr will Brandenburg allein 450 Lehrer einstellen, kündigte Rupprecht an. So sollen 150 Referendare an märkischen Schulen und weitere 128 Lehrer, die mit befristeten Verträgen arbeiten, Vollzeit-Beamtenstellen angeboten werden. Und das Land will 1400 frühere Bewerber, die eine Absage erhielten, aber in Karteien der staatlichen Schulämter liegen, anschreiben. Wie viele davon noch aktuell Interesse an einem Lehrerjob haben, ist unklar.
Das Bildungsministerium geht davon aus, dass all das nicht reichen wird und Brandenburg darüber hinaus noch die Werbetrommel rühren muss. Hinzu kommt, dass das Land voraussichtlich mehr als 1250 Lehrer einstellen muss, um die Schüler-Lehrer–Relation bei 15,4 zu halten - ebenfalls ein Versprechen des Koalitionsvertrages. Rupprecht selbst spricht von einer Mindestzahl.
Die Ankündigung von 450 neuen Lehrern wurde von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, von SPD, Linken und Grünen im Landtag begrüßt. „Gemessen an der Vergangenheit ist das ein großer Erfolg“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Brandenburger Landtag, Marie Luise von Halem. Dennoch sei es immer noch ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Konkret sollen drei Viertel der Einstellungen auf die Schulamtsbereiche Brandenburg/Havel und Perleberg mit 179 beziehungsweise 134 neuen Stellen fallen, da dort der größte Bedarf besteht.
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