zum Hauptinhalt

Brandenburg: Brandenburg verhindert Seenprivatisierung Land kauft vom Bund 65 Gewässer aus früherem DDR-Besitz und zahlt 3,74 Millionen Euro dafür

Potsdam/Berlin - Brandenburgs rot-rote Landesregierung hatte es sich anders vorgestellt und wollte selbst die Nachricht verbreiten. Ganz feierlich sollten Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) und Finanzminister Helmuth Markov (Linke) diesen Erfolg verkünden: dass das Land Brandenburg Seen aus Bundesbesitz kauft, damit – wie von Rot-Rot versprochen – eine Privatisierung verhindert und die Gewässer Touristen und Anglern zugänglich bleiben.

Stand:

Potsdam/Berlin - Brandenburgs rot-rote Landesregierung hatte es sich anders vorgestellt und wollte selbst die Nachricht verbreiten. Ganz feierlich sollten Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) und Finanzminister Helmuth Markov (Linke) diesen Erfolg verkünden: dass das Land Brandenburg Seen aus Bundesbesitz kauft, damit – wie von Rot-Rot versprochen – eine Privatisierung verhindert und die Gewässer Touristen und Anglern zugänglich bleiben.

Doch das Bundesfinanzministerium war schneller und stahl der Landesregierung die Show. Am gestrigen Montag teilte es mit, dass sie dem in zähen, monatelangen Verhandlungen auf Arbeitsebene abgestimmten Kompromiss mit der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) zustimmt. Was jetzt folgt, sind Formalien. Das offizielle Angebot schickt das bundeseigenen Unternehmen jetzt an die Landesregierung, die dem dann per Kabinettsbeschluss ebenfalls zustimmen muss. Insgesamt 65 Gewässer wird das Land dann für 3,74 Millionen Euro kaufen. Das Paket umfasst samt der angrenzenden Acker-, Forst- und anderen Flächen 3 125 Hektar.

Ursprünglich wollte Brandenburgs Landesregierung ebenso wie die Mecklenburg-Vorpommerns die einst volkseigenen Gewässer kostenlos vom Bund übernehmen. Ihr Argument war, der Bund habe die Seen aus dem DDR-Nachlass geerbt. Der Bund lehnte die Forderung kategorisch ab. Seither wurde hart verhandelt.

Insgesamt 143 Gewässer, darunter 83 Seen, waren anfänglich in dem Brandenburger Paket enthalten, dass der Bund Anfang 2011 angeboten hatte. Bereits im Sommer 2011 hatte sich der Bund dann mit Mecklenburg-Vorpommern geeinigt, das für 1,86 Millionen Euro insgesamt 37 Seen erwarb. Die Fachleute in Vogelsängers Infrastrukturministerium ließen sich mehr Zeit und verschafften sich einen Überblick, was da alles an früherem Treuhandbesitz aufgelistet war. Sie wollten alle Gewässer erst neu vermessen, Steckbriefe erstellen und den Fischreichtum prüfen. Die Angaben des Bundes waren unscharf und veraltet, eine Bestandsaufnahme war nötig, die Eigentumsrecherche zog sich hin. Kleine Tümpel wurden schließlich gestrichen, ebenso Seen mit mehreren Besitzern, um Konflikte zu vermeiden.

Jetzt liegt das Ergebnis vor. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke), dessen Haus neben dem federführenden Infrastrukturministerium an den Verhandlungen beteiligt war, begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung als weitere wichtige Etappe. Das Verkaufspaket des Bundesunternehmens, das Agrarflächen aus dem früheren DDR-Volkseigentum vermarktet, enthält wahre Perlen für Erholungssuchende, Schwimmer und Angler (siehe beistehenden Info-Kasten).

Damit ist abgewendet, wovor Naturschützer und Anrainer stets warnten: dass nämlich nach einer Privatisierung die Gewässer nicht mehr zugänglich sind und für die Öffentlichkeit gesperrt werden. Selbst das Baden vom kleinen Waldstrand aus wäre unmöglich. Die Folgen für den Brandenburger Tourismus wären verheerend – besonders für den Wassersport. Brandenburg lockt mit Marinas, Boots- und Kanuverleihen, Mietstationen für Hausboote und Badestellen jeden Sommer die Gäste an.

Als negatives Beispiel gilt der 2003 verkaufte Wandlitzsee, wo die Kommune und Anrainer an eine Immobiliengesellschaft für die weitere Nutzung von Strandbad und Stegen zahlen sollten. Seit 2009 hatten Bürgerinitiativen und Umweltverbände gegen die ursprünglichen Privatisierungspläne des Bundes protestiert. Nach scharfen Interventionen der Ost-Bundesländer hatte der Bund den Verkauf 2010 gestoppt.

Ganz beendet ist die Debatte um die Seen trotz des bevorstehenden Geschäfts noch nicht. Eine Arbeitsgruppe der Ministerien für Finanzen, Infrastruktur und Umwelt muss klären, wie genau die Kosten im Haushalt verbucht werden. Unklar ist auch noch, ob die Seen in Besitz des Landes bleiben oder an Angler- und Naturschutzverbände und Kommunen gehen. Brandenburgs Infrastrukturstaatssekretär Rainer Bretschneider sagte den PNN, denkbar sei auch, dass das Land die Seen behalte und aus den Pachteinnahmen die Kosten für Pflege und Unterhaltung begleiche. Wichtigstes Kriterium für Rot-Rot dabei ist, dass die Seen einer möglichst großen Öffentlichkeit weiter zugänglich bleiben.

Es gibt aber auch noch mehr Seen, über die verhandelt wird. Darunter sind 17 Gewässer aus dem Preußen-Vermögen. Für sie strebt das Land Brandenburg ebenfalls eine Übertragung an, allerdings kostenlos.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })