Brandenburg: Brandenburg wird der Klimawandel stärker treffen
Potsdamer Wissenschaftler errechnen Szenarien von Klimafolgen für einzelne Regionen
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Potsdam/Berlin - Der Klimawandel könnte für das Land Brandenburg weitreichendere Folgen haben als für die übrigen Bundesländer. Nach neuesten Klima-Szenarien des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) wird Ostdeutschland bis zum Jahr 2100 stärker unter Trockenheit zu leiden haben. Das betreffe vor allem das Leipziger Becken, das Oderbruch und Sachsen-Anhalt. Dort werde in manchen Gebieten im Jahresmittel um bis zu 30 Zentimeter weniger Regen fallen als heute. „Ostdeutschland wird durch größere Hitze im Sommer und mehr Niederschläge im Winter wahrscheinlich härter getroffen“, sagte PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber am Montag in Berlin.
Erstmals haben die Potsdamer Klimaforscher die Auswirkungen der Erderwärmung bis zum Jahr 2100 bis auf Landkreise heruntergerechnet. Ab Dezember sollen die Szenarien im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Hier können für einzelne Landkreise mögliche Entwicklungen unter verschiedenen Klimaannahmen errechnet werden. Das Projekt wurde am Montag in Berlin vorgestellt.
Der Potsdamer Klimaforscher Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe erklärte, dass als Gegenmaßnahme zur rückläufigen Wasserbilanz in Brandenburg Rückhaltebecken und eine stärkere Versickerung des Winterniederschlags nötig würden. Die Niederschläge im Winter dürften bis zum Jahr 2100 zunehmen, während es im Sommer weniger regnen soll. Brandenburg müsste daher einen Waldumbau in die Wege leiten. „Man sollte von den Monokulturen mit Kiefern absehen, da diese auch im Winter eine hohe Verdunstung befördern“, so der Wissenschaftler. Vor allem Buchenwälder würden in Zukunft unter Trockenstress leiden. Fichten und Kiefern hingegen würden vom Klimawandel profitieren. Hinzu komme ein ansteigendes Waldbrandrisiko – in Brandenburg gar um 16 Prozent.
In der Landwirtschaft rechnen die Experten vor allem beim Sommergetreide wie Mais für Brandenburg mit Einbrüchen. Beim Winterweizen falle der Rückgang geringer aus. Wintersorten würden unter dem Klimawandel weniger leiden. Landwirte müssten darüber nachdenken, andere Obst- und Gemüsesorten anzubauen. An der Mosel und in der Pfalz könnten Winzer gezwungen sein, mehr Rot- statt Weißwein anzubauen.
Grundsätzlich erwartet Gerstengarbe aber keine gravierenden Einschnitte in die Landwirtschaft Brandenburgs. „In Deutschland werden wir mit den Klimafolgen besser klarkommen als in anderen Regionen der Erde.“ Allerdings brauche Deutschland erheblich mehr Investitionen für Anpassung an die Erwärmungen, besonders im Osten. Problematisch seien vor allem Winterhochwasser. Die letzte Elbeflut habe zehn Milliarden Euro gekostet. „Wenn das viermal hintereinander passiert, geht auch Deutschland in die Knie.“
Für die Energiewirtschaft erwarten die Experten vor allem in Ostdeutschland eine Reduktion des Wasserkraftpotenzials durch heißere und trockenere Sommer. Bis 2060 könnte diese Stromerzeugung gegenüber heute um rund zwölf Prozent an Potenzial verlieren, im östlichen Thüringen, wo es mehrere Talsperren gibt, sogar bis zu 20 Prozent. Auch für Atom- und Kohlekraftwerke sinke die Auslastung, durch wärmeres Kühlwasser aus den Flüssen und rückläufige Wasserstände. An heißen Sommertagen könnten Kraftwerke so ein Drittel an Leistung einbüßen. Zeitweise müssten sie sogar abgeschaltet werden, weil das Kühlwasser zu warm werde. Für die Windkraft erwarten die Forscher eine leichte Zunahme bis 2060, vor allem im Januar. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen seien bis zu sieben Prozent mehr möglich. Da die Zunahme an Windkraft vor allem den Winter betreffe, sei die Abnahme von Wasserkraft und Energie aus wassergekühlten Kraftwerken im Sommer problematisch. Um dieses Defizit auszugleichen, sei ein Ausbau der erneuerbaren Energien und größerer Energieeffizienz nötig.
Neben Ostdeutschland werden die Klimafolgen vor allem im Rheintal zwischen Bonn und Karlsruhe sowie in Unterfranken und entlang der Donau zu spüren sein. Dort werde vor allem im Sommer der Regen immer öfter ausbleiben. Bereits heute ist es in einigen Regionen Deutschlands ein bis zwei Grad wärmer als zu Beginn der Industrialisierung. Bis zum Ende des Jahrhunderts rechnen die Klimaforscher mit zusätzlich zwei bis vier Grad Temperaturanstieg.
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