
© Sebastian Kahnert/dpa
Preisverfall bei Milch und Schweinefleisch: Brandenburgs Bauern in Existenznöten
Die Landwirte sind frustriert. Ministerpräsident Woidkes rot-rote Regierung zahlt Förder-Millionen trotz der schwierigen Lage der Bauern nur schleppend aus. Schuld seien Computerprobleme, verteidigt sich der Landwirtschaftsminister.
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Paaren/Glien - Brandenburgs Landwirte haben der rot-roten Regierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vorgeworfen, ohne Not die schwierige, teils existenzbedrohliche Lage der Branche zusätzlich zu erschweren. Auf der Landesbauernversammlung im Rahmen der Landwirtschaftsausstellung Brala in Paaren/Glien mussten Woidke und Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Freitag Kritik einstecken wie seit Jahren nicht – etwa wegen des aus Sicht der Bauern „faulen Kompromisses“ zum Volksbegehren gegen Massentierhaltung, aber auch wegen schlechter Zahlungsmoral des Landes.
Es gebe 9000 Mlichkühe weniger als voriges Jahr
Für massiven Unmut sorgt etwa, dass 50 Millionen Euro aus dem Kulturlandschaftsprogramm-Programm (Kulap) für Arbeiten zur Landschaftspflege zugunsten von natürlichen Ressourcen und Klimaschutz für das Jahr 2015 immer noch nicht geflossen sind. Brandenburg wolle für erbrachte Leistungen aus dem Jahr 2015 das Geld erst am 30. Juni 2016 zahlen, „am letzten möglichen Tag“, kritisierte Henrik Wendorff, der neue Präsident des Landesbauernverbandes. „Nutzt nicht noch jeden Tag der Zahlungsfrist aus“, appellierte er. Wegen dramatisch geringer Preise für Milch und Schweinefleisch seien schon jetzt viele Tierhalter in Brandenburg in teils existenziellen Schwierigkeiten. Es gebe heute im Land 9000 Milchkühe und 40 Produzenten weniger als voriges Jahr.
Es gebe Probleme mit der Software, sagt Minister Vogelsänger
Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) versuchte vergeblich die Wogen zu glätten. „Wir haben es durch das Computersystem nicht hinbekommen“, sagte Vogelsänger. Es gebe Probleme mit der Software. „Ich ärgere mich am meisten darüber.“ Er verwies zugleich darauf, dass beim wichtigsten Programm, das 330 Millionen Euro Direktzahlungen an die Landwirtschaft für 2015 umfasst, die Gelder termingerecht geflossen seien.
Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) räumte am Freitag ein, dass die Lage bei der Tierproduktion, besonders „im Milchbereich“, schlimm sei. Allerdings seien die Möglichkeiten des Landes, daran etwas zu ändern, begrenzt. Es seien Betriebe in ihrer Existenz bedroht, und „damit auch Tausende Jobs im ländlichen Raum, wo wir sie am dringendsten brauchen“, so Woidke. Nötig sei eine stärkere Unterstützung der Bundesregierung für die Landwirtschaft. Forderungen der Bauern nach einem Mindestpreis für Milch hält Woidke aber für illusorisch. „Wir müssen Menge vom Markt kriegen, das ist die Realität“, sagte Woidke. Es müsse auch im Land Brandenburg weniger Milch produziert werden. Derzeit kostet ein Liter Frischmilch nur noch 46 Cent. Die Ladenpreise sind für die Milchbauern ruinös. Bei ihnen kommen noch rund 30 Cent pro Liter Milch an, die Produktionskosten seien aber etwa doppelt so hoch.
Steaks vom Discounter, aber gegen Massentierhaltung unterschreiben
Die Kritik der Landwirte am rot-roten Kompromiss zum mit über 100 000 Unterschriften erfolgreichen Volksbegehren gegen Mega-Ställe in Brandenburg wies Woidke zurück. Vor dem geplanten Tierschutzplan bräuchten die Agrarbetriebe des Landes keine Sorgen haben. Eins passe jedoch nicht zusammen, so seine Botschaft an die Verbraucher: „Vier Steaks vom Discounter für 2,50 Euro zu holen und gegen Massentierhaltung unterschreiben.“
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