Brandenburg: Brandenburgs Staatsschutz: Jeder dritte kam vom MfS
Opposition empört über Besetzung der sensiblen LKA-Abteilung. CDU will Sonderausschuss
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Potsdam - In Brandenburg war fast jeder dritte Staatsschützer beim Landeskriminalamt vor 1989 im Dienst der DDR-Staatssicherheit. Das hat das von Minister Dietmar Woidke (SPD) geführte Innenministerium am Montag bestätigt. Personalrechtliche Konsequenzen lehnt die Behörde aber ab, wie 2009 bereits der damalige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Man sehe „derzeit keinen Anlass zum Handeln, da es keinerlei neue Erkenntnisse gibt“, sagte Sprecher Ingo Decker – allerdings ohne darauf zu verweisen, dass das Ministerium unter Schönbohm nur unkonkrete und im Detail nicht stimmige Angaben zur Zahl der ehemaligen DDR-Geheimpolizisten beim Staatsschutz gemacht hatte.
Ministeriumssprecher Decker wies Forderungen der CDU-Opposition zurück, die eine Entfernung der Mitarbeiter aus dem Staatsschutz verlangt. Diese Forderungen der CDU seien „pure Heuchelei, die das eigene Nichtstun“ zu Zeiten der Großen Koalition kaschieren sollen.
Die CDU-Opposition hat Sondersitzungen von Rechts- und Innenausschuss zum Thema beantragt. Der CDU-Innenpolitiker und Rechtsausschussvorsitzende Danny Eichelbaum sprach im PNN-Interview von einem Skandal: „Das untergräbt das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Brandenburg.“ In einer Antwort auf eine kleine Anfrage Eichelbaums hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass 17 von den 56 Mitarbeitern der Staatsschutzabteilung im LKA, zuständig etwa für Terrorabwehr und politische Straftaten, befasst mit verdeckten Operationen und Telefonüberwachungen, früher für die Staatssicherheit tätig waren – die meisten davon hauptamtlich. Dass es so viele in diesem hochsensiblen Bereich seien, sei „erschreckend“, so Eichelbaum.
CDU-Landes- und Fraktionschefin Saskia Ludwig sagte, in Brandenburg sei die Stasi in Politik, Polizei, Justiz und Verwaltung immer noch allgegenwärtig. Mit der Tatsache, dass jeder dritte Mitarbeiter des Staatsschutzes mit der Wende von der DDR-Geheim- zur brandenburgischen Landespolizei wechselte, sei „endgültig eine Grenze überschritten“.
Für Grünen-Fraktionschef Axel Vogel hat es einen „bösen Beigeschmack“, wenn frühere Stasi-Leute heute „wieder abhören, nur mit verbesserten technischen Möglichkeiten“. Er forderte Woidke auf, die Mitarbeiter zu versetzen: „Es ist untragbar, wenn ehemalige hauptamtliche Stasi-Bedienstete heute noch genau die selben Aufgaben ausüben wie früher beim 'VEB Horch- und Guck'“, so Vogel unter Anspielung auf den DDR-Spitznamen für die Stasi. Woidke müsse für eine rechtlich saubere und politische Lösung sorgen.
CDU und Grüne sagten, es werde immer schwieriger, den Ruf Brandenburgs als Stasi-Land loszuwerden. Beide verweisen darauf, dass in Brandenburg nach 1990 nur 21 Prozent der stasibelasteten Polizeibeamten aus dem Dienst entfernt wurden, in Berlin 75 Prozent, im Durchschnitt der neuen Bundesländer immer noch 46 Prozent. Auch FDP-Fraktionschef Andreas Büttner forderte Transparenz und Aufklärung. Nach Woidkes konsequentem Vorgehen bei der Stasi-Überprüfung der Polizei gehe man aber davon aus, dass der Minister die „Sensibilität“ des Themas erkannt habe „und beachtet“.
Die Stasi-Belastungen beim LKA, auch beim Staatsschutz, hatten bereits im Sommer 2009 – wenige Monate vor der Landtagswahl – nach Enthüllungen eines Fernsehmagazins heftige politische Debatten ausgelöst. Das Schönbohm-Ministerium hatte damals von neun früheren Stasi-Leuten beim LKA-Staatsschutz gesprochen. Die Differenz zu 17 Mitarbeitern erklärt das heutige Ministerium damit, dass in der damaligen Auskunft drei frühere inoffizielle Stasi-Mitarbeiter sowie zwei Offiziere und drei Wehrdienstleistende beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ nicht genannt worden waren, weil danach nicht explizit gefragt worden sei. Die Linke-Fraktion im Landtag regte an, für die Sondersitzungen Schönbohm und die damalige Justizministerin Beate Blechinger (CDU) als Zeitzeugen zu laden.
In der weit überwiegenden Zahl handle es sich bei den früheren Stasi-Leuten im Staatsschutz laut Decker um jüngere Leute, die auf dem Ticket der Staatssicherheit an der Berliner Humboldt-Universität Kriminalistik studiert hätten.(mit pet)
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