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Brandenburg: Braunkohlegegner machen sich Hoffnung

Der Landtag befasst sich mit der Beweislast bei Bergschäden und das Bundesverfassungsgericht prüft, ob Enteignungen rechtens sind

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Potsdam/Karlsruhe - Für Braunkohlegener und Anwohner von Tagebauen in der brandenburgischen Lausitz sind es Tage der Hoffnung. Denn der Landtag wird sich am heutigen Mittwoch erstmals mit den Bergschäden im Lausitzer Braunkohlegebiet befassen. Zugleich klärt das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob Zwangsumsiedlungen für neue Tagebaue verfassungskonform sind – ein Überblick.

Warum der Umgang mit Bergschäden neu geregelt werden soll

Der Braunkohleabbau in der Lausitz macht sich immer stärker in den Dörfern rund um die Tagebaue des Energiekonzerns Vattenfall bemerkbar. An den Häusern und den Straßen mit Rissen oder Sprüngen. Denn über große Flächen hat sich der Boden hier abgesenkt – weil das Grundwasser über riesige Areale künstlich abgesenkt wird. Stehen Häuser an Bruchkanten, entstehen in den Wänden Risse und Sprünge. Die Frage ist nur, wer für die Schäden aufkommt. Laut Bundesberggesetz ist es der Verursacher, in diesem Fall Vattenfall. Betroffene müssen nachweisen, dass Schäden an ihren Häusern durch den Braunkohletagebau verursacht worden sind und beklagen, dass Vattenfall Anträge meist ablehnt. Dies sei ein Kampf „David gegen Goliath“.

Was die Opposition fordert und wie Rot-Rot damit umgeht

Die Grünen fordern nun in einem Antrag, dass das Parlament die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative auffordert, um im Bergbaurecht eine Umkehr der Beweislast zu erreichen. Auch Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen will die Beweislastumkehr als Ziel festgeschreiben. Die CDU-Fraktion fordert mit einem weiteren Antrag die Einrichtung einer Schlichtungsstelle, die strittige Fälle regeln soll und Betroffenen – die vor teureren Gerichtsverfahren zurückschrecken – neue Chancen eröffnen kann, ihre Ansprüche geltend zu machen. Rot-Rot steht beidem aufgeschlossen gegenüber und will in den Ausschüssen das weitere Vorgehen beraten. Die Grünen werten das als ersten Erfolg. Die Linke erklärte, sie habe schon lange eine Beweislastumkehr gefordert. Allerdings hatte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) bereits vor einigen Monaten die Einrichtung einer Schlichtungsstelle abgelehnt, weil Vattenfall und der Bergbausanierer LMBV keine Notwendigkeit dafür sehen. Einer Umkehr der Beweispflicht steht Vattenfall dem Vernehmen nach offener gegenüber.

Warum Karlsruhe über die Zukunft des Braunkohletagebaus entscheidet

Gegner und Befürworter der Braunkohle in der Lausitz schauen auch gespannt nach Kalrsruhe. Seit gestrigem Dienstag prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die 1934 vom NS-Regime ermöglichten Zwangsenteignungen im Braunkohletagebau noch zeitgemäß sind, oder ob das Bergrecht zum Schutz der Betroffenen geändert werden muss. Allein dass das Gericht sich dieser Frage widmet, werten Kohlegegner als Erfolg. Auf dem Prüfstand des Gerichts steht der Braunkohletagebau Garzweiler II südlich von Düsseldorf. Es müssten zudem weitere 7000 Menschen umgesiedelt werden. Dem klagenden Polizisten Stephan Pütz droht die Vertreibung im Jahr 2017. Er klagt deshalb in Karlsruhe ein „Reicht auf Heimat“ ein. Die Umweltschutzorganisation BUND sieht in der Enteignung einer Obstwiese einen Verstoß gegen das Recht auf Eigentum. Enteignungen zugunsten eines privaten Bergbauunternehmens sind rechtlich nur zulässig, wenn der Abbau von Rohstoffen „dem Wohle der Allgemeinheit dient“ und dafür ein „hinreichender Bedarf“ besteht. Die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, des NRW-Landesministeriums für Energie oder des Konzerns RWE, der Garzweiler betreibt, betonten deshalb die Bedeutung der Braunkohleverstromung, die dem Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähige Energie bis 2050 sichere. Der Vertreter des Umweltbundesamtes, Harry Lehmann, erklärte, Braunkohle sei seit vielen Jahren verzichtbar. Dies belegten zahlreiche Studien zu Klimaschutz- und Ausstiegsszenarien. Zudem passen Braunkohle und erneuerbare Energien nicht zusammen. Gut möglich, dass die Verfassungshüter diese Argumente zumindest für die Zukunft teilen und höhere Hürden für Umsiedlungen und Enteignungen verlangen. Dafür spricht, dass sie auch Faktoren wie Umwelt- oder Gesundheitsschäden der Bürger durch Feinstaub oder Lärm ausgiebig erörterten. Ein Urteil wird noch für 2013 erwartet. axf/AFP

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