Hochschulpolitik: Breiter Schulterschluss für Zukunftschancen
Die Hochschulen des Landes Brandenburg haben sich zusammengeschlossen, um ihren Abbau zu stoppen.
Stand:
Potsdam – Mit einer Resolution tritt die neue gegründete Brandenburgische Hochschulkonferenz an die Landesregierung heran. Ziel des breiten Zusammenschlusses der elf öffentlichen Hochschulen des Landes ist es demnach, zu einer realistischen Einschätzung der Lage und des Ausbaubedarfs im hiesigen Hochschulwesen zu kommen. Auf dem ersten Treffen der Hochschulkonferenz verwies der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, darauf, dass Brandenburg deutschlandweit Schlusslicht in der Hochschulfinanzierung ist. Es bedürfe nach Ansicht von Hochschulvertretern jährlich 50 Millionen Euro mehr, um auf den viertletzten Platz aufzusteigen. Das entspreche rund einem halben Prozent des Landeshaushaltes.
Alleine in Berlin würden die Hochschulausgaben pro Studierendem mit jährlich 8190 Euro im Schnitt 3000 Euro über denen Brandenburgs liegen (5130 Euro), der ETH Zürich würden sogar 52 000 Euro pro Student zur Verfügung stehen. Angesichts dieser „Unterfinanzierung“ fordert der Zusammenschluss der Hochschulen nun, dass Brandenburg im Hochschulbereich „den letzten Platz verlässt, eine adäquate Hochschulfinanzierung für die wachsenden Studierendenzahlen sichert und bei den Hochschulinvestitionen ein Durchschnittsniveau im Ländervergleich erreicht“. „Ziel sollte es sein, die rote Laterne in Sachen Bildungsinvestitionen endlich abzugeben“, sagte Günther. Er hob hervor, dass die Hochschulen des Landes mangels nennenswerter Ressourcen und Industrie die „Schlüsselindustrie“ für künftige Entwicklung im Land seien: „Der über zwei Jahrzehnte erfolgte erfolgreiche Aufbau einer leistungsfähigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Brandenburg ist akut gefährdet. Das Land verliert drastisch an Zukunftssicherheit und Perspektiven.“
Laut Wissenschaftsministerium bleiben die Mittel für die Hochschulen in den kommenden Jahren „annähernd konstant“. Die Planung sehe für die Jahre 2013 bis 2015 jährliche Ausgaben von etwa 262 Millionen Euro vor. Hinzu kommen Bundesfördermittel aus dem Hochschulpakt, in diesem Jahr liege der Betrag bei 25 Millionen Euro. „Für die kommenden Jahre rechnen wir mit Hochschulpaktmitteln in mindestens gleicher Höhe“, sagte Kunst. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage sei dies zwar ein Kraftakt, sagte der Potsdamer Uni-Chef. „Aber leider reichen die leichten Zuwächse nicht aus, um die enormen Potenziale der Brandenburger Hochschulen zum Wohle des Landes zu heben“, so Günther. Es gehe nun nicht darum, den Hochschulen „goldene Wasserhähne“ einzubauen, sondern darum, die Betreuungsverhältnisse und die Ausstattung an den Bundesdurchschnitt anzugleichen. „Damit wir im nationalen und internationalen Wettbewerb mithalten können“. Die aktuell vorgesehenen Aufwüchse für die Hochschulen würden kaum dazu ausreichen, die Bewirtschaftungskosten sowie die ansteigenden Landesbeiträge für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen aufzubringen.
Das Land und die Öffentlichkeit sollte ein eigenes Interesse an leistungsfähigen Hochschulen haben. „Angesichts des demografischen Wandels sind die Hochschulen eines der wenigen weit offenen Tore Brandenburgs zu einer echten Chance auf Zukunft“, so Günther. Jeder in die Hochschulen investierte Euro zahle sich mit Rendite aus.
Der Chef der Brandenburgischen Landesrektorenkonferenz, Johannes Vielhaber, hatte Zahlen, die den Niedergang der Brandenburgischen Hochschullandschaft belegen sollen. So würde der Mittelbedarf der elf Hochschulen eigentlich bei rund 330 Millionen Euro liegen, derzeit fließen tatsächlich nur rund 250 Millionen Euro an die Hochschulen. Lag der Ausfinanzierungsgrad vor einigen Jahren noch bei rund 80 Prozent, so sei er bis dato auf unter 60 Prozent gesunken. Der Sprecher der Brandenburgischen Studierendenvertretungen, Christian Mewes, konnte die Dramatik der Situation bestätigen. Vorlesungen mit mehreren Hundert Studenten seien mittlerweile üblich, die Verhältnisse seien „prekär“. In Studiengängen gebe es teilweise keine Übungen mehr, sondern nur überfüllte Vorlesungen. In Brandenburg gibt es insgesamt elf Hochschulen. Darunter fallen drei Universitäten in Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus, sechs Fachhochschulen sowie zwei staatsinterne Hochschulen.
Dem Gründungsaufruf der Brandenburgischen Hochschulkonferenz waren zahlreiche Hochschulmitglieder gefolgt. Die Konferenz soll laut der Koordinatoren der Beginn einer ständigen Zusammenarbeit sein. Die Bildungseinrichtungen wollen künftig mit einer gemeinsamen Stimme mit der Politik in Dialog treten, sagte der Koordinator Andreas Musil, Jura-Professor an der Uni Potsdam.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: