Brandenburg: Brexit: Gerber widerspricht Görke Streit in Regierung über Fördergeldverluste
Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) hat seinem Kabinettskollegen Christian Görke (Linke), Vize-Regierungschef und Finanzminister, in Bezug auf den Brexit widersprochen und warnte vor Übertreibungen. Görke hatte vergangene Woche gewarnt, der Austritt Großbritanniens aus der EU könnte Brandenburg vom Jahr 2020 an jährlich rund 450 Millionen Euro EU-Fördermittel kosten.
- Alexander Fröhlich
- Matthias Matern
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Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) hat seinem Kabinettskollegen Christian Görke (Linke), Vize-Regierungschef und Finanzminister, in Bezug auf den Brexit widersprochen und warnte vor Übertreibungen. Görke hatte vergangene Woche gewarnt, der Austritt Großbritanniens aus der EU könnte Brandenburg vom Jahr 2020 an jährlich rund 450 Millionen Euro EU-Fördermittel kosten. Das entspräche 4,6 Prozent des Landeshaushalts. Gerber sagte nun, rein rechnerisch treffe Görkes Darstellung zu, „man sollte das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es zeigt auch, welche Folgen der Austritt haben könnte“. Auf die rund eine halbe Milliarde Euro könne Brandenburg auch nicht verzichten. „Allerdings gilt es jetzt erst einmal abzuwarten, wie der Übergang ausgehandelt wird und bis 2020 wird es ohnehin keine Veränderung geben“, sagte Gerber am Mittwoch in Potsdam.
Der Vorstandsvorsitzende der Landes Investitionsbank (ILB), Tillmann Stenger, sagte, die Gewichte würden sich natürlich verschieben, „aber darauf werden wir uns einstellen“. Für die ILB würden die Auswirkungen möglicherweise sinkender Fördermargen aus Brüssel auch nicht groß sein. 2015 seien bereits 70 Prozent der Förderzusagen für Darlehen durch Eigenmittel der ILB erbracht worden. Steffen Kammradt, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB), sagte: „Die Wirtschaft braucht mehr als nur Förderung. Das wäre sonst ja auch schlimm.“ Nötig sei auch eine gute Infrastruktur, die Brandenburg habe, und Fachkräfte.
Görke hatte vorgerechnet, dass Brandenburg derzeit mit 87 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens der EU als Übergangsregion eingestuft ist. „Bei einem Austritt von Großbritannien aus der EU würde das EU-Durchschnittseinkommen sinken und das Pro-Kopf-Einkommen in Brandenburg über 90 Prozent ansteigen“, sagte Görke. Damit würde Brandenburg nach geltenden Konditionen „aus der EU-Förderung ausscheiden“, wovon das meiste Geld bislang in die Landwirtschaft und Investitionen der Kommunen fließt. ILB-Chef Stenger, aber auch das Wirtschaftsministerium und die Staatskanzlei sehen das freilich anders: Dieser statistische Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens wäre auch Ausdruck des Erfolges des Landes und seiner Wirtschaft.
Tatsächlich ist Brandenburg bei Investoren nach wie vor als Unternehmensstandort gefragt: 2015 entstanden mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung knapp 3500 neue Arbeitsplätze. Etwa 818 Millionen Euro sind in den Landkreisen und kreisfreien Städten investiert worden. Besonders erfreulich sei der hohe Anteil von 70 Prozent Industrieansiedlungen, sagte Gerber. Unternehmen ließen sich nicht allein von Fördergeld anlocken. Pluspunkte für mögliche Ansiedlungen seien verfügbare Fachkräfte oder die Infrastruktur. Wichtig sei Neuankömmlingen und Firmen, die erweitern wollen, der Service. Die Bedingungen für Ansiedlungen seien bestens, sagte Stenger. Die Zinsen seien niedrig, die Kassen der Firmen gut gefüllt. „Zudem haben die Banken den Mittelstand als Kunden wiederentdeckt.“ Vorangetrieben wird die wirtschaftliche Entwicklung im Land laut ZAB-Chef Kammradt durch Industrie und Logistik. „Wenn die Bereiche gut laufen, läuft es auch im Handel und Handwerk gut“, sagte er. A. Fröhlich, M. Matern
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