Brandenburg: Bund wirbt bei Polizei Beamte ab Berlin wehrt sich,
Sorgen in Brandenburg
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Berlin - Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt will seine Beamten nicht hergeben. In einer Info-Mail an alle Mitarbeiter teilte Kandt jetzt mit, dass „insbesondere Bundesbehörden versuchen, Mitarbeiter der Polizei Berlin abzuwerben“. Und zwar in großem Stil: Das Präsidium sehe sich „gegenwärtig mit zahlreichen Versetzungsanträgen konfrontiert“. Bereits im August hatte diese Zeitung berichtet, dass allein der Verfassungsschutz des Bundes 33 Berliner Polizisten abwerben wolle, zum Teil auch per „Raubernennung“. Davon hat es nun drei Fälle gegeben, bei denen die Bundespolizei „bedauerlicherweise“ gegen die Abmachungen und ohne Zustimmung von Kandt Berliner Polizisten übernommen habe.
In Brandenburgs Polizei ist bislang von größeren Anwerbeversuchen des Bundes nichts bekannt. Berlin sei eben zentrale Schaltstelle, Behörden des Bundes nah dran an der Berliner Polizei, hieß es. In Brandenburg gebe es bislang nur das normale Wechselgeschehen von etwa 40 Beamten im Jahr, hieß es im Innenministerium. Allerdings ist das bislang nur bei gleichem Rang zwischen den Ländern und zum Bund im Tausch möglich. Dennoch wächst im Potsdamer Innenministerium die Sorge, dass der Bund und auch andere Länder die bisherige Vereinbarung der Innenminister, dass Personal der Sicherheitsbehörden nur im Wechsel getauscht, aber nicht aktiv abgeworben werden, faktisch brechen. Denn die Not ist groß. Angesichts steigender Terrorgefahr suchen alle Sicherheitsbehörden Deutschlands dringend Personal. Gern werden fertig ausgebildete Beamte genommen. Die Bundespolizei stockt ihr Personal um 3000 Beamte auf. Angesichts von 500 Euro Unterschied in den Besoldungsstufen bundesweit und wegen des Personalbedarfs könnten auch Brandenburgs Polizei massive Abwerbeversuche drohen, hieß es am Freitag in Potsdam.
Unter den gut 16 000 Berliner Polizisten ist angesichts der schlechten Bezahlung die Wechselbereitschaft beträchtlich. „Nicht allzu überraschend bei einem Monatsgehalt weniger pro Jahr“, kommentierte der frühere Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Andy Neumann, am Freitag per Twitter. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte weitere Gründe: „Unendlicher Mehrdienst, keine freien Wochenenden, Bedrohung bis in den Privatbereich.“ Beliebt sind deshalb auch Stellen außerhalb der Polizei. Ein Leitender Beamter aus dem Präsidium ist seit einigen Monaten stellvertretender Bürgermeister einer Kleinstadt im Berliner Umland.
Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte diese „Kannibalisierung“ kritisiert, die die Sicherheit in Deutschland schwäche. Kandt teilte in seiner Mail nun mit, dass zwei Beamte räuberisch, also ohne Zustimmung, abgeworben wurden. Wenn Beamte ihren Dienstherrn wechseln wollen, müssen beide Seiten zustimmen und ein Tauschpartner muss organisiert werden. Dem Vernehmen nach hat Henkel Anfang September mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) telefoniert. Kandt schrieb nun: „Ich gehe davon aus, dass der Bundesinnenminister auf weitere Raubernennungen verzichtet.“ A. Fröhlich, J. Hasselmann
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