ILA 2012: Bundeswehr weiht die BER-Südbahn ein
Zur Luftfahrtschau landete eine Transall als erste Maschine auf der neuen Piste. In der Planespotter-Bar in Selchow stört sich niemand am Lärm.
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Selchow - Um 16.14 Uhr war es soweit. Als erste Maschine berührt eine Transall C160 der Luftwaffe die neue Südbahn der Flughafenbaustelle BER. Es ist ein kurzer Aufenthalt, wenige Minuten nach der Landung hebt die riesige Transportmaschine schon wieder ab. Der Lärm ist ohrenbetäubend, doch im benachbarten Biergarten stört sich niemand daran.
Im Liegestuhl sitzen, die Planespotter-App aufrufen, in den Himmel blinzeln. So verbringt Dieter Weber, pensionierter Mathelehrer aus Potsdam, viele sonnige Nachmittage. Er ist Stammgast im „45 über null“, der ersten Brandenburger Strandbar am neuen Flughafen BER. Die Bar liegt direkt hinterm Flughafenzaun unter der Einflugschneise der nördlichen Landebahn. Dort wird derzeit noch der gesamte Flugverkehr des bestehenden Airports Schönefeld-Alt abgewickelt.
Die Bar ist ein wichtiger Stützpunkt für die Gäste der Internationalen Luftfahrtschau ILA in Selchow, die am 11. September für das Fachpublikum beginnt. Fürs breite Publikum ist das Wochenende vom 14. bis 16. September vorgesehen. In der Bar am Ortseingang von Selchow kann man sich von der ILA erholen und trotzdem weiterhin Flugzeuge beobachten. Mit der ILA wird die vier Kilometer lange südliche Landebahn des BER eingeweiht. Einige Fluggeräte kommen per Lkw auf das Ausstellungsgelände, die meisten Flugzeuge schweben jedoch aus der Luft ein. Am Freitag und am Samstagvormittag finden auf der südlichen Landebahn die Generalproben für ILA-Flugvorführungen statt. Für jede Vorführung gibt es eine offizielle Abnahme.
Die Bundeswehr wollte am Donnerstagnachmittag ihre Vorführungen intern proben. Elf Fluggeräte aus dem gesamten Bundesgebiet werden zu sehen sein, sagte Projektoffizier Thomas Hahn, darunter Phantom-Kampfjets, Eurofighter, Tornados und Transall-Transportmaschinen. Stützpunkt für den ILA-Auftritt der Bundeswehr ist ein Militärflugplatz in Holzdorf, an der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt gelegen.
Die Planespotter-Bar „45 über null“ bietet garantierten Flugzeuglärm – in Spitzenzeiten donnert es alle fünf Minuten – mitten auf der Wiese zwischen zwei Dörfern. Die beiden Betreiber Kai Sauerwald und Sven Böhme wurden von ihren Freunden phasenweise für verrückt erklärt, doch „45 über null“ – benannt nach der vorgeschriebenen maximalen Firsthöhe des Hauses – funktioniert trotz der BER-Pleite besser als erhofft. Zu den „Chill & Grill“-Events am Wochenende, mit DJ-Musik, Würstchen und Cocktails versammeln sich schon mal 150 Leute auf dem Grundstück. Nicht unbedingt Berliner Partyhopper, eher junge Leute aus der Umgebung und Familien, die mit dem Rad unterwegs sind und einen originellen Rastplatz suchen. Wegen der bevorstehenden ILA kommen viele Messemitarbeiter zum Mittagessen, denn die Bar ist zugleich Hofladen der Selchower Bauerndynastie Sauerland. Den Hofladen mit Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachtung gibt es schon seit 1990.
Entstanden ist die Idee zur Bar ganz allmählich beim Zusammensitzen und Herumalbern, erzählen Böhme und Sauerland, die seit langem befreundet sind. Böhme hat vorher als Barkeeper im Adlon gearbeitet und suchte etwas Eigenes. Sauerland musste zeitweise um seine wirtschaftliche Existenz fürchten, weil die Bauarbeiten für die Bahn-Anbindung des BER die Zufahrt zum Hofladen blockierten, der früher auf dem Vierseithof der Sauerlands in Selchow untergebracht war.
Ein neues Grundstück wurde gepachtet, aus Spaß stellten die Freunde ein paar Liegestühle auf, feierten eine Party und erkannten, dass die Kombination Essen, Cocktails und Flugzeuge gut ankam. Bauarbeiter des Flughafens kamen zum Imbiss vorbei, auch Schönefelds Bürgermeister Udo Haase fand den Stützpunkt am künftigen Radweg rund um das Flughafengelände ideal. Zwei Jahre dauerte es, bis Sauerland alle Genehmigungen für den Bau eines Holzhauses unterhalb der Einflugschneise zusammen hatte. „Die wollten genau wissen, wo wir was machen wollen.“ Eine Lichtshow, die Piloten irritieren könnte, ist genauso tabu wie ein großes Maifeuer.
Anfang des Jahres wurde der Grundstein gelegt, zusammen mit dem BER wollten sie eröffnen, den Druckauftrag für 10 000 Flyer hatten sie gerade freigegeben, als die Nachricht von der Verschiebung der Flughafeneröffnung eintrudelte. „Sehr ärgerlich“, sagt Sauerland, aber dem Geschäft nicht wirklich abträglich. Hätten sie ihre Bar direkt am Terminal des BER geplant oder an der bislang ungenutzten Südbahn, wären sie jetzt womöglich ruiniert.
Kai Sauerland ist Profiteur des Flughafens und zugleich Geschädigter, weil er in Selchow wohnt und das magere Schallschutzprogramm des Flughafens kennengelernt hat. „Wenn um 23 Uhr ein Flugzeug kommt, das Fenster ist auf, 30 Grad draußen, du kannst nicht schlafen, das nervt wirklich.“ Viele Schönefelder wissen, dass der Flughafen ihnen Geld bringt, auch wenn sie sich den BER gelegentlich nach Sperenberg wünschen.
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