Brandenburg: Bürger unter Bürgern
Zur Trauerfeier für Klaus Schütz kamen Steinmeier und Weizsäcker ins Rathaus Schöneberg
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Berlin - Berlin, die USA, Israel und die Familie – das waren die wichtigsten Koordinaten im Leben von Klaus Schütz, der zehn Jahre lang von 1967 bis 1977 als Regierender Bürgermeister die Geschicke der Stadt Berlin steuerte. Am gestrigen Montag nahm eine große Trauergemeinde Abschied von ihm im Willy-Brandt-Saal des Schöneberger Rathauses, dem Mittelpunkt seines politischen Lebens in Berlin. Und neben den zu erwartenden Reden gab es am Ende noch unverblümte persönliche Erinnerungen von Günter Struve, der Schütz über ein Jahrzehnt als Büroleiter und Sprecher gedient hatte.
Die Feier wurde eröffnet von Frank-Walter Steinmeier, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag. Er erinnerte an Schütz als einen „Politiker aus Leidenschaft“, der seine kluge Kraft in den Dienst des Landes gestellt habe, „präzise, behutsam, sachlich und immer mit einer Prise Humor“. Schütz, einer der Architekten der neuen Außenpolitik, habe sich mit den herrschenden Verhältnissen nie abgefunden, sagte Steinmeier. Dabei sei er aber ein Mensch der leisen Töne geblieben, dem die Selbstdarsteller in den eigenen Reihen fremd waren.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erinnerte daran, dass Schütz auf dem Höhepunkt der Studentenbewegung als Staatssekretär im Außenministerium nach Berlin gekommen sei, obwohl dies keineswegs seiner Lebensplanung entsprochen habe. „Eine im damaligen Berlin seltene Weltläufigkeit umgab ihn“, sagte Wowereit. Schütz sei ein Meister der Sachlichkeit und Nüchternheit gewesen, aber auch ein Meister des trockenen Witzes. Der Kampf um Statusfragen und die Verbesserung des Lebens im eingeschlossenen Westberlin habe seine Arbeit geprägt. Inzwischen liege diese Zeit in weiter Ferne, aber Schütz habe „Maßstäbe geprägt, die gültig bleiben“.
„Er war ein echter Mensch und ein wirklicher Freund der Vereinigten Staaten“, sagte US-Botschafter Philip Murphy, und er habe ein Musterbeispiel für standfeste Demokratie und atlantische Partnerschaft abgegeben. Wie auch andere Redner erinnerte Murphy daran, dass Schütz als junger Student die USA durch ein Harvard-Stipendium kennengelernt habe und so für sein politisches Leben geprägt worden sei. Der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman knüpfte an die Zeit von Klaus Schütz als deutscher Botschafter in seinem Land an und sagte, dieser habe wichtige Brücken gebaut im Prozess der Aussöhnung. Israel werde ihn nicht vergessen. Richard von Weizsäcker, der das Amt des Regierenden Bürgermeisters 1981 übernahm, rühmte Schütz als einen „Bürger unter Bürgern“, der das Amt ohne laute Töne, aber stets souverän geführt und die Lage in enger Zusammenarbeit mit Willy Brandt Schritt für Schritt konsolidiert habe. Mit nüchterner Analyse habe er maßgeblich dazu beigetragen, dass Berlin die Zeit bis zum Fall der Mauer überdauert habe.
Günter Struve erinnerte schließlich an den privaten Schütz, einen Mann mit spöttischem Urteil, angelsächsisch anmutendem sarkastischen Witz und Neigung zu Pedanterie und sprachlichem Minimalismus. „Heiße Luft und Relativsätze“ habe er als bodenständiger Intellektueller verabscheut. Sein Leben habe sich „in fester Struktur“ abgespielt: Buttermilch am Morgen, um elf ein Gin Tonic, Mittagessen spätestens um eins, abends eine Suppe und seinen Lieblingssender 3Sat, ins Bett vor Mitternacht.
Klaus Schütz war am 29. November im Alter von 86 Jahren gestorben. Die Beisetzung fand am gestrigen Nachmittag auf dem Waldfriedhof Zehlendorf statt. bm
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