Brandenburg: „Butterschifffahrt muss weitergehen“
Politiker aus dem Unteren Odertal fordern Erhalt des steuerfreien Einkaufs auf der Oder
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Politiker aus dem Unteren Odertal fordern Erhalt des steuerfreien Einkaufs auf der Oder Von Juliane Sommer Mescherin/Gartz. „Wenn die Butterschiffe hier nicht mehr fahren dürfen, geht uns einfach der größte Arbeitgeber flöten“, sagt der Mescheriner Ortsbürgermeister Karl Menanteau. 40 Arbeitsplätze sichert das Geschäft der Rederei Peters mit dem zoll- und steuerfreien Einkauf auf der Oder. Noch einmal 40 Arbeitsplätze sind es im südlich gelegenen Gartz, wo die Reederei Adler-Schiffe mit mehreren Pötten im zoll- und steuerfreien Raum auf der Oder umherschippert. Der Andrang auf den Butterschiffen, die seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr nur das Stettiner Haff durchpflügen, sondern auch auf der Oder unterwegs sind, ist ungebrochen groß. An die 400 Gäste pro Tag zählen die Reedereien jeweils auf ihren Schiffen. Insgesamt, so schätzen Vertreter der Reedereien und Bootsbauer ein, sichert die Butterschifffahrt entlang der deutsch-polnischen Grenze 1500 Jobs. Doch mit dem Beitritt Polens zur EU könnte dies zu Ende gehen. Ab dem 1. Mai fallen die Zollgrenzen, und damit steht die Butterschifffahrt vor dem Aus. „Wenn es uns nicht noch gelingt, Übergangsregelungen zu erkämpfen“, räumt Simone-Silke Kunert von den Adler-Schiffen ein. Wenigstens für einen Zeitraum von zwei Jahren sollte das billige Einkaufen auf den Dampfern noch möglich sein. „Sonst stirbt die Passagierschifffahrt im Haff und auf der Oder. Wir brauchen die Zeit, um neue Wirtschaftsfelder erschließen zu können“, sagt Lutz Hippe vom Bootshersteller Prätorius, einem Unternehmen, das Butterschiffe herstellt und ausrüstet. So könnten die Dampfer künftig auch in Sachen Tourismus unterwegs sein - ein Vorhaben, das heute wegen der noch bestehenden EU-Außengrenze nicht umgesetzt werden kann. Die Forderung an die Bundesregierung nach einer Übergangsregelung für die Butterschifffahrt wird unterdessen von Landtagsabgeordneten aus dem Nordosten Brandenburgs parteiübergreifend unterstützt. „Dieser Wirtschaftszweig hat für die strukturschwache Region eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Es wäre fatal, wenn er ersatzlos wegbrechen würde“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Mike Bischoff. Rechtlich gesehen sei die Fortsetzung der Butterschifffahrten auch nach dem Beitritt Polens zur EU noch möglich, betonen Vertreter der Reedereien. „Es wird dann zwar keinen zollfreien Einkauf mehr geben können, weil Polen Mitglied der Zollunion ist. Aber steuerfreier Verkauf ist immer noch möglich. Solange Polen auf bestimmte Waren wie Alkohol und Tabak nicht die gleichen hohen Steuern erhebt wie Deutschland, lohnt sich das Geschäft noch“, sagt Hippe. Und immerhin gelten in anderen Bereichen ebenfalls noch Ausnahmeregelungen. So bleibt die Einfuhr von Alkohol und Zigaretten nach Deutschland nach wie vor begrenzt - und das bis zum Jahr 2008. „Im Übrigen gab es in Deutschland schon einmal solche Ausnahmeregelungen - und zwar nach dem EU-Beitritt Dänemarks 1992“, berichtet Hippe. Bis 1999 konnte auf den Fähren zwischen Deutschland und Dänemark noch steuerfrei eingekauft werden. „Wir fordern nichts weiter als das gleiche Recht, das damals auf den Gewässern zwischen Deutschland und Dänemark galt“, sagt Hippe. Fatal sei nur, dass die Butterschifffahrt beim Aushandeln der Übergangsregelungen für den Beitritt Polens zur EU offensichtlich vergessen worden sei. In Polen werde die Fortsetzung des Geschäfts abgelehnt, erläutert Hippe. „Die Bundesregierung hat sich zu diesem Thema noch nicht geäußert“, sagt er. „Wir können wohl davon ausgehen, dass es eines erheblichen politischen Drucks bedarf, um überhaupt etwas zu erreichen.“
Juliane Sommer
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