Brandenburg: CCS-Gegner: Rot-Rot soll Verzicht erklären
Brandenburgische Landes- und Bundespolitiker fordern Platzeck und Christoffers auf, Wort zu halten
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Potsdam - Die Erwartungen sind eindeutig: Nach der Zustimmung des Deutschen Bundestags zum sogenannten CCS-Gesetz am gestrigen Donnerstag fordern mehrere Bundes- und Landespolitiker aus dem Land Brandenburg sowie Vertreter von Bürgerinitiativen die brandenburgische Landesregierung auf, Wort zu halten. Wie berichtet räumt das Gesetz den Ländern die Möglichkeit ein, die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid per Landesgesetz auf ihrem Territorium zu verbieten. Vergeblich hatte Rot-Rot bis zuletzt versucht, die sogenannte Länderklausel aus dem Entwurf streichen zu lassen. Sowohl Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) als auch Landeswirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) hatten jedoch mehrfach beteuert, einen „Alleingang Brandenburgs“ werde es nicht geben. „Die logische Konsequenz ist jetzt, dass die Landesregierung von der Ausstiegsklausel Gebrauch macht und ein entsprechendes Gesetz vorlegt“, forderte gestern der Fraktionsvorsitzende der Grünen im brandenburgischen Landtag, Axel Vogel.
„Wenn die Landesregierung ihre Ankündigung ernst meint, muss sie nun handeln“, meinte auch Wolfgang Neskovic, der für die Linke im Bundestag sitzt. Sein Wahlkreis ist die Lausitz. Das weitere Vorgehen der Koalition werde ein „entscheidender Glaubwürdigkeitstest für Platzeck und Christoffers“, so Neskovic. Grünen-Fraktionschef Vogel kündigte zudem an, sollte Rot-Rot keinen eigenen Entwurf für ein Ausstiegsgesetz vorlegen, „machen wir das“.
Bei den CCS-Gegnern in Ostbrandenburg hat die Landesregierung aber längst ihr Vertrauen verspielt. Vor allem rund um Beeskow (Oder-Spree) und bei Neutrebbin (Märkisch-Oderland) gibt es massiven Widerstand gegen CCS (Carbon, Capture and Storage). Dort will der schwedische Staatskonzern Vattenfall abgeschiedenes CO2 aus seinen Braunkohlekraftwerken unter die Erde pressen. Dass Christoffers und Platzeck Wort halten, glaubt Silvia Wadewitz von der Neutrebbiner Bürgerinitiative „CO2-contra Endlager“ nicht. „Ich habe überhaupt gar kein Vertrauen mehr. Am Ende werden sie es so drehen, dass es aussieht, als wenn ihnen gar nichts anderes übrig geblieben wäre. Unser Kampf geht weiter“, sagte die CCS–Gegnerin gestern. „Sollte die Landesregierung ihr letztes Fünkchen Vertrauen nicht verspielen wollen, müssen Platzeck und Christoffers jetzt den Rückzug aus CCS erklären“, pflichtete Mike Kess von der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“ aus Beeskow bei. Aus dem Landeswirtschaftsministerium hieß es gestern lediglich, der Bundestagsbeschluss sei „bedauerlich“. Alle getroffenen Aussagen seien weiter gültig. In der Staatskanzlei dagegen hat man offenbar die Hoffnung nicht aufgegeben. „Der Beschluss des Bundestages ist einer der Schritte auf dem Gesetzgebungsverfahren. Das Gesetz wird Mitte September abschließend vom Bundesrat behandelt“, wurde auf PNN-Anfrage mitgeteilt. Bei Vattenfall jedoch hat man offenbar genug. Wie berichtet will der Energieriese eigentlich in Jänschwalde (Spree-Neiße) für rund 1,5 Milliarden Euro ein CCS-Demonstrationskraftwerk bauen, dafür die von der EU zugesicherten 180 Millionen Euro Fördermittel einstreichen. „Wenn das CCS-Gesetz so kommt, wie es heute im Bundestag verabschiedet wurde, dann wird Vattenfall über Jahre nicht in der Lage sein, die Technologie in Deutschland weiter voranzutreiben“, kündigte der Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Europe Mining & generation AG, Hartmuth Zeiß, noch kurz vor der gestrigen Abstimmung an. „Milliardeninvestitionen in Brandenburg“ stünden „auf dem Spiel“.
Und nicht nur das: Ohne die CCS-Technologie werde es auch keine neuen Tagebaue geben, hatte Platzeck 2007 versichert. Auch daran wurde er gestern erinnert: „Ich erwarte, dass Platzeck Wort hält“, forderte die CDU-Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner aus Atterwasch. Ihr Wohnort soll nach Plänen Vattenfalls bald einem Tagebau weichen.
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