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CDU-Mitglied in Beelitz erstochen: Was über den mutmaßlichen Täter und die zwei Taten bekannt ist
Ein 23-Jähriger aus Guinea soll einen jungen CDU-Politiker getötet und eine Frau verletzt haben. Er galt als integriert, gab kurz vor dem Verbrechen sogar noch ein Interview. Laut Behörden ist er geständig.
Stand:
Kurz nach dem tödlichen Angriff auf ein Kleinkind und einen 41-jährigen Mann im bayerischen Aschaffenburg erschüttern Details zu zwei weiteren Gewaltverbrechen, die erneut das Potenzial haben, die bundesweite Debatte über Migration und die Begrenzung von Zuwanderung anzuheizen.
Im brandenburgischen Beelitz, südlich von Potsdam, soll ein 23-jähriger Mann aus Guinea bereits vor zwei Wochen einem CDU-Kommunalpolitiker die Kehle aufgeschlitzt haben. Auch für eine weitere Tat soll Mahmadou-Alpha B. verantwortlich sein. Der mutmaßliche Täter ist laut Behörden geständig. Ein Überblick zu den wichtigsten Fragen.
Was ist am 14. Januar in Beelitz passiert?
Am Abend gegen 19.30 Uhr gehen bei der Feuerwehr mehrere Notrufe ein. In einer Wohnung in einem sanierten Haus der ehemaligen Lungenheilanstalt Beelitz-Heilstätten sei ein Feuer ausgebrochen. Als die Retter mit einem Großaufgebot anrücken, können sie den 24-jährigen Bewohner des betroffenen Apartments nur noch tot bergen.
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Schnell wird klar: Das Opfer, bei dem es sich um den CDU-Nachwuchspolitiker Christopher R. handelt, ist nicht an den Folgen des Brandes gestorben. Der Tote wies schwere Halsverletzungen auf, die Ermittlungen richteten sich fortan gegen Unbekannt.
Warum wurde der mutmaßliche Täter erst jetzt festgenommen?
Am Sonntag musste die Polizei erneut im selben Apartmentkomplex in Beelitz-Heilstätten anrücken, weil mehrere Nachbarn Hilferufe aus einer der Wohnungen gehört hatten. Vor Ort fanden Polizisten eine 52-jährige Frau mit gefährlichen Halsverletzungen vor.
Wie die „Bild“ berichtet, soll sich der mutmaßliche Täter Mahmadou-Alpha B. aus Guinea von Samstag auf Sonntag in der Wohnung seiner Nachbarin aufgehalten haben. Der Polizei erzählte sie offenbar, dass sie auf dem Bauch gelegen habe und von B. massiert wurde, als sie plötzlich einen Schnitt mit einem Messer am Hals gespürt habe. Als sie sich gewehrt habe, sprang B. aus dem Fenster.

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Kurz darauf konnten Polizisten den Mann aus Guinea in seiner Wohnung im selben Haus festnehmen. Da er sich bei dem Sprung aus dem Fenster Verletzungen zugezogen hatte, wurde er zunächst in ein Krankenhaus gebracht. Mittlerweile befindet er sich in Untersuchungshaft und hat beide Taten gestanden, teilt das Innenministerium in Potsdam mit.
Wie geht es der verletzten Frau?
Zur Schwere der Verletzung der angegriffenen Frau gab es zunächst widersprüchliche Angaben. In einer ersten Pressemitteilung der zuständigen Brandenburger Polizeidirektion West war eingangs von „lebensbedrohlichen“ Verletzungen die Rede. Das bestätigte sich nicht.
Die Verletzungen der 52-jährigen Ukrainerin seien ambulant ärztlich versorgt worden, eine stationäre Versorgung in einem Krankenhaus war nicht erforderlich, heißt es am Dienstagvormittag aus dem Innenministerium in Potsdam. Die Ermittler werten die Tat als „versuchtes Tötungsdelikt“.
Was ist über den Mann aus Guinea bekannt?
Mahmadou-Alpha B. lebt laut dem Brandenburger Innenministerium seit 2016 in Deutschland. Er war nach bisherigen Erkenntnissen zuvor nicht durch Straftaten polizeilich bekannt und verfügt über eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 23. Januar 2025. Deren Verlängerung war fristgerecht beantragt worden. Nach jetzigem Kenntnisstand ist er nicht ausreisepflichtig.
Der Mann aus Guinea machte nach Angaben der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ eine Ausbildung als Pflegerassistenz in einem nahen Krankenhaus. Die Brandenburger Lokalzeitung berichtet, dass B. seit 2017 in Beelitz und seit drei Jahren in den aufwändig sanierten Apartments in der ehemaligen Lungenheilanstalt wohnt.
Im Oktober vergangenen Jahres erschien in der „MAZ“ ein umfangreicher Artikel über die neuen Bewohner des sanierten Baudenkmals. Einer der Protagonisten: Mahmadou-Alpha B. Der Zeitung gab er bereitwillig Auskunft, er habe gut Deutsch gesprochen, heißt es.

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Der Mann aus Guinea berichtete damals einer Reporterin der Zeitung, dass es sehr still im Wohnumfeld sei, deshalb freue er sich über Geräusche vom nahen Hort einer Schule. Die ehemalige Lungenheilanstalt, in der zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele Menschen an Tuberkulose starben, galt lange als sogenannter „lost place“, über den viele Spukgeschichten existieren.
Diese gruseligen Schilderungen hätten anfangs vielen neuen Mietern Angst eingejagt, erzählte B. im Oktober der „MAZ“, auch er habe die Gebäude noch in desolatem Zustand gekannt. „Ich hatte am Anfang Gänsehaut, wenn ich Schritte gehört habe“, zitiert die Lokalzeitung im Herbst den Mann aus Guinea.
Bei seinem Einzug seien viele Wohnungen noch leer gewesen, „die Energie der Menschen von früher“ sei noch „spürbar“, erklärte er im Interview. Deswegen wünsche er sich mehr „Miteinander“.
Kann man von Behördenversagen sprechen?
Die Pressehoheit für den Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft Potsdam, die sich mit Informationen zum mutmaßlichen Täter bisher sehr bedeckt hält. Noch am Dienstagmorgen wollte eine Sprecherin dem Tagesspiegel lediglich bestätigen, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen volljährigen Mann aus Guinea handelt.
Nicht einmal das exakte Alter des Verhafteten gab die Staatsanwaltschaft an, obwohl fast zeitgleich in einer Mitteilung des Innenministeriums von einem 23-jährigen Mann aus Guinea die Rede war. Ob der mutmaßliche Täter seit der ersten Tat am 14. Januar bereits in den Fokus der Ermittler gerückt war oder zumindest als Zeuge des Brandes angehört wurde, ist unklar. Auch diese Fragen wollte die Staatsanwaltschaft nicht beantworten.

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Allerdings liegen den Behörden Hinweise auf eine Beteiligung von Mahmadou-Alpha B. an dem Tötungsdelikt vom 14. Januar vor, die über die Tatsache hinausgehen, dass der Mord am selben Ort und in zeitlicher Nähe zu der neuerlichen Tat geschah.
Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ berichtet darüber hinaus aus Sicherheitskreisen, der Mann aus Guinea soll am Tag der ersten Tat bereits aufgefallen sein, weil er nervös gewesen sei und Retter auf das Opfer in der Brandwohnung hingewiesen habe. Wieso B. anschließend fast zwei Wochen unbehelligt weiter in seinem Apartment wohnen konnte, bis er mutmaßlich erneut zum Täter wurde, ist aktuell völlig unklar. Die Staatsanwaltschaft möchte auch diesen Punkt nicht kommentieren.
Liegen Hinweise für eine politische Motivation des Täters vor?
Nein. Laut Sicherheitsbehörden gibt es bislang keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine mögliche politische Motivation eine Rolle bei der Begehung der Tat gespielt haben könnte. Der mutmaßliche Täter und seine beiden Opfer wohnten im selben Gebäude. Inwiefern darüber hinaus persönliche Beziehungen zwischen dem Mann aus Guinea, dem getöteten Christoph R. und der verletzten 52-jährigen Frau bestehen, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen.
Wie reagiert die Stadt auf die Verbrechen?
„Ich bin erschüttert und zutiefst betrübt, dass es in Beelitz-Heilstätten erneut zu einer schweren Straftat gekommen ist“, sagte Bürgermeister Bernhard Knuth (Unabhängiges Kommunalbündnis). „Ich möchte an dieser Stelle den Betroffenen mein tiefstes Mitgefühl und meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen. Für niemanden ist es verständlich und nachvollziehbar, wie sich solche Taten ereignen können.“
In Beelitz, im Land, lebe man sicher, „auch wenn sich Gewalttaten momentan häufen und man das Gefühl haben könnte, dass sie an der Tagesordnung sind“, sagte Knuth. „Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass die politisch Verantwortlichen in unserem Land aus den Vorfällen der letzten Zeit die notwendigen Konsequenzen ziehen.“
In Beelitz sorgt das Statement des Bürgermeisters für gemischte Reaktionen. Die offizielle Facebook-Seite der Stadt musste unter dem entsprechenden Beitrag zum Verbrechen die Kommentare einschränken, weil zu viele User Hassnachrichten unter dem Post verbreiteten.
In geschlossenen Facebook-Gruppen der Spargelstadt wird intensiv über die Gewalttaten diskutiert. „Wir sind sicher in der Stadt Beelitz – sorry, aber darf ich mal lachen“, schreibt eine Mutter. Ihre Kinder würden sich nicht mal mehr trauen, alleine vom Hort nach Hause zu laufen.
Eine andere Beelitzerin entgegnet: „Macht doch einfach mal selbst Vorschläge zur Sicherheit und reicht sie ein bei der Stadt.“ Der Bürgermeister habe seine Worte „gut gewählt“, denn für solche „Extremfälle“ könne auch er nichts.
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