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Brandenburg: Charité kündigt Reform an
Staatsanwaltschaft ermittelt, Senatorin prüft – die Klinik hat viel zu erklären
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Berlin - Nach dem Übergriff eines Pfleger auf eine 16-Jährige ermittelt in der Charité die Staatsanwaltschaft. Die Klinikleitung selbst, lässt interne Abläufe prüfen und kündigte Reformen an. In der Politik wurden Konsequenzen gefordert, die Informationspolitik der Universitätsklinik wurde scharf kritisiert. Der Missbrauchsfall ist innerhalb weniger Wochen das zweite Desaster: Zuletzt hatte die Charité spät über Keime informiert.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass der Mann – anders als die Behörden angaben – schon aktenkundig gewesen war. Er soll sich 2011 der Mutter einer Patientin „distanzlos“ genähert haben, woraufhin diese die Polizei rief. Das Verfahren wurde wahrscheinlich eingestellt. Der 58-jährige Pfleger, der seit 40 Jahren an der Charité arbeitet, soll bei Kollegen außerdem wegen ähnlicher Vorfälle mit Patientinnen 2005 und 2009 im Gerede gewesen sein. Einhäupl hatte am Mittwoch zunächst gesagt, die Verdachtsfälle lägen mindestens fünf Jahre zurück. Die Staatsanwaltschaft ermittelt im aktuellen Fall wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen. Dies sei nicht einfach, da der Übergriff mehr als eine Woche zurückliege. „Beweismittel wie DNA-Spuren gibt es nicht mehr“, sagte ein Sprecher. „Es kommt vor allem darauf an, die Geschädigte zu vernehmen.“ Weder Behörden noch Klinik haben die Patientin bislang erreicht. Mittwoch vergangener Woche war der Pfleger beim Entkleiden der Jugendlichen in sie eingedrungen.
Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD), die der landeseigenen Klinik politisch vorsteht, will bei der nächsten Aufsichtsratssitzung über Konsequenzen reden – auch personelle. Für Donnerstagabend hatte sie ein Treffen mit Charité-Chef Karl Max Einhäupl angesetzt. Bei Verantwortlichkeiten und Kommunikation „funktioniert da etwas nicht“, sagte Scheeres. Externe Experten sollen nun interne Abläufe der Klinik untersuchen. Noch sind viele Fragen ungeklärt: Wieso ist der Pfleger nicht früher – auch auf Basis von Vorwürfen – in eine andere Station versetzt worden? Warum findet sich laut Klinikleitung nichts in seiner Personalakte? Wieso dauerte es Tage bis Charité-Chef Einhäupl am Freitag über den Vorwurf informiert wurde – und dann wie es hieß „nur vage im Vorbeigehen“? Warum entschied man sich nicht doch dazu, den Pfleger auch ohne diesbezüglichen Wunsch der betroffenen Familie anzuzeigen? Und wieso vergingen noch fünf Tage bis sich die Klinik zum Vorfall äußerte? hah/fk/lvt
Charité-Hotline unter 030/450 550 500
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