
© Thilo Rückeis
Odersun: Christoffers einsame Entscheidung
Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gerät wegen der Nothilfe-Gelder für das angeschlagene und zumindest zeitweilig zahlungsunfähige Solarunternehmen Odersun zunehmend in Bedrängnis.
Stand:
Potsdam - Eine Ministeriumssprecherin räumte auf PNN-Nachfrage ein, dass die Rettungsbeihilfe von drei Millionen Euro und die Zusatzbürgschaft für eine gestundete Kreditrückzahlung von 2,04 Millionen Euro auf eine Einzelfallentscheidung des Ministers zurückgeht. Odersun konnte – wie berichtet – Kredite nicht mehr bedienen und Löhne nicht auszahlen. Erst die Beihilfe des Landes hat das Unternehmen, das noch nicht am Markt etabliert ist, aus der Notlage vorübergehend gerettet.
Es gebe die begründete Aussicht, dass das Unternehmen, für das die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgelegen habe, aus der schwierigen Lage herauskomme, sagte die Sprecherin. Dabei hätte sich Christoffers auf drei Kriterien gestützt: Es gebe einen potenziellen Investor, das Unternehmen biete eine innovative Technologie an und es gehe um die Rettung von 260 Arbeitsplätzen. Über den möglichen Investor aus Russland, der Odersun retten könnte, wollte sich die Ministeriumssprecherin nicht näher äußern. Es gebe Gespräche, auch ein sogenannter „Letter of Intent“ liege vor. Dies ist eine reine, rechtlich nicht bindende, Absichtserklärung, mit dem das Interesse an Verhandlungen bekundet wird. Odersun lehnte jeglichen Kommentar ab.
Die Opposition im Landtag ist daher weiter skeptisch, zumal das Land mit Millionensummen einspringen muss, falls sich kein Investor findet und Odersun scheitert. Der Wirtschaftsexperte der CDU-Landtagsfraktion Dierk Homeyer forderte am Mittwoch, Christoffers müsse jetzt alle Details zu den im Dezember 2011 bei der EU-Kommission in Brüssel beantragten und im Februar ausgezahlten Hilfsgeldern auf den Tisch legen. „Wir wollen wissen, auf welcher betriebswirtschaftlichen Grundlage der Minister diese einsame Entscheidung getroffen hat.“ Es sei schließlich schon etwas „besonderes, wenn ein Minister entgegen dem Rat seiner Fachleute eine solche Entscheidung trifft“. Diese aber sei hochrisikoreich und nicht nachvollziehbar. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel nannte Christoffers Vorgehen einsam und intransparent. Dass er den Wirtschaftsausschuss des Landtags nicht mit einbezogen habe, sei fatal: „Jetzt muss er die Verantwortung dafür allein tragen.“ FDP-Finanzexpertin Marion Vogdt kritisierte, dass das Wirtschaftsministerium nur einen Teil der tatsächlichen Zahlungen öffentlich gemacht habe und nur Informationen herausgebe, die sich nicht mehr verheimlichen ließen: „Die Salamitaktik muss beendet werden.“
Tatsächlich hatte das Ministerium bislang nur die Beihilfe von drei Millionen Euro eingeräumt – auch das erst nach einem PNN-Bericht. Durch Veröffentlichungen der EU, der Christoffers als Bedingung für die Genehmigung aus Brüssel vorab zustimmen musste, sind jedoch weiter Details bekannt geworden, die dem Wirtschaftsausschuss trotz Nachfragen der Abgeordneten vorenthalten wurden. Demnach flossen im Februar nicht nur Rettungsbeihilfen von drei Millionen Euro, sondern Christoffers hat erneut eine Bürgschaft für gestundete Kreditraten in Höhe von 2,04 Millionen Euro übernommen. Odersun muss die Beihilfe bis Ende März zurückzahlen.
Schon für die alten Kredite über zehn Millionen Euro, die Odersun nicht mehr bedienen konnte, hatte Christoffers das Land im Jahr 2010 mit acht Millionen Euro bürgen lassen. Dabei handelt es sich um zwei Kredite: Einer von sieben Millionen Euro kommt von einem Risiko-Kapital-Fond aus London und ist mit 12,7 Prozent verzinst. Der andere über drei Millionen stammt von der Sparkasse Oder-Spree (Jahreszins 6,9 Prozent). Jedes Jahr entstehen Odersun daraus Verbindlichkeiten von fünf Millionen Euro.
Grünen-Fraktionschef Vogel sagte, allein bei dem damals mit dem britischen Geldgeber vereinbarten hohen Zinssatz hätte Christoffers alarmiert sein müssen. Selbst die Investoren hätten offenbar ihre Geldanlage trotz der 80-prozentigen Landesbürgschaft als hochrisikohaft eingeschätzt. Jetzt habe Christoffers mit einer weiteren Risiko-Entscheidung verhindern wollen, dass das Land durch einen Totalausfall des Unternehmens fällig werdene Millionen-Bürgschaften bedienen muss. Tatsächlich hat das Unternehmen mit seinen Standorten in Frankfurt und Fürstenwalde den Markteintritt – der bereits 2010 mit dem Kredit und der Bürgschaft geschafft werden sollte – bis heute nicht geschafft. (mit leg und pet)
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