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Klimagas unter Druck: Brandenburgs Landesregierung will der CCS-Technologie wenigstens eine Chance geben.

© Georg Ismar/dpa

Von Alexander Fröhlich: Christoffers unterschätzt „emotionale Betroffenheit“

Wirtschaftsminister lässt Turbo-Prozesse bei CCS-Projekten fallen und fordert vom Bund längere Fristen

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Potsdam - Brandenburg wird beim Bund nicht auf eine Verkürzung des Klageweges für die Genehmigung von CCS-Endlagern drängen. Diese Forderung nahm Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) auf Druck seiner Partei und der Linke- Landtagsfraktion und nach Protesten der CCS-Gegner offiziell zurück. „Ich habe die emotionale Betroffenheit in der Bevölkerung falsch eingeschätzt“, räumte Christoffers (Linke) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Potsdam ein. Ursprünglich hatte der Minister wegen des Gesetzesentwurfes zur unterirdischen Speicherung des Klimagases Kohlendioxid (CO2) eine Bundesratsinitiative angekündigt, um den Klageweg von drei auf zwei Instanzen – Oberverwaltungs- und Bundesverwaltungsgericht – zu verkürzen. Nur damit hätten die Pläne des Energiekonzerns Vattenfall für das 1,5 Milliarden teure CCS-Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde samt unterirdischem Kohlendioxid-Lager in den Regionen Neutrebbin und Beeskow eine Chance. Immerhin hängen daran neue Tagebaue des Stromriesen wie Jänschwalde-Nord. Vattenfall will das bei der Braunkohle-Verstromung entstehende CO2 in Jänschwalde abscheiden und nach Ostbrandenburg leiten.

Nachdem die Linke in Regierungsverantwortung von ihrer Ablehnung neuer Tagebaue abgerückt ist, setzt sie nun auf behutsames Vorgehen. Daher ruderte Christoffers auch auf Druck seiner Kabinettskollegin, Umweltministerin Anita Tack (Linke), zurück, hält aber weiter an CCS fest. Denn die Technologie sei nicht nur für die Braunkohle sondern auch für die Industrie von Bedeutung, was im Gesetzentwurf aber nur am Rande auftaucht.

Christoffers und Tack wollen sich nun am nächsten Donnerstag bei der Länder-Anhörung im Bundesumweltministerium für längere Antragsfristen für CCS-Speicher über 2015 hinaus stark machen. Auch die vorgesehene Umsetzung und Evaluierung bis 2017 sei unrealistisch. „Bis dahin wird es noch kein einziges Projekt geben“, so Christoffers. Die bisherigen Fristen machten die Einführung der Technologie unmöglich. Nicht einmal Brüssel gebe derlei für zugesagte 180 Millionen Euro EU-Fördergelder für Vattenfalls CCS-Projekt vor. Für Planfeststellungsverfahren, Erkundung der Lager und Prozesse sei aber ein „Zeithorizont“ von 10 bis 15 Jahren zu erwarten. Zugleich forderte Christoffers, im Gesetz die Verfahren für CCS zu beschleunigen und „anwendbare Regeln“ für Bürgerbeteiligung zu schaffen – womit er seine Position indirekt verteidigte. Selbst das Bundesverfassungsgericht habe 1996 bestätigt, für Großbauvorhaben wie Stromleitungen, Atomanlagen, Bahn- und Bundestrassen reichten zwei Gerichts-Instanzen aus.

Konsens besteht bei der Forderung nach einer Verlängerung der Sicherungspflicht für Betreiber der CO2-Lager von 30 auf 40 Jahre. „Der Schutz der Bevölkerung hat bei uns höchste Priorität“, so Tack. „Wir brauchen auch Planungssicherheit für Investoren.“ Dagegen lehnt die Grüne Liga die Pläne und neue Tagebaue ab. Der Ort Attawasch (Spree-Neiße), der 2020 wegen des Tagebaus Jänschwalde-Nord mit der Umsiedlung rechnen muss, versorge sich jetzt per Biogasanlage selbst mit Strom. „Ein klares Signal, Alternativen zu Braunkohlewirtschaft in der Region sind machbar. Dörfer müssen nicht abgebaggert werden“, hieß es.

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