zum Hauptinhalt

Brandenburg: Christoffers will verstanden werden Wirtschaftsminister stellt sich Basis in Beeskow

Beeskow/Potsdam - „Lauter“, ruft ein älter Herr. Wie die meisten rund 30 Männer und Frauen in dem engen Raum mit vergilbten Gardinen und getäfelten Wänden ist der Mann um die 60 Jahre alt.

Stand:

Beeskow/Potsdam - „Lauter“, ruft ein älter Herr. Wie die meisten rund 30 Männer und Frauen in dem engen Raum mit vergilbten Gardinen und getäfelten Wänden ist der Mann um die 60 Jahre alt. Er ist Genosse und Mitglied der Linken in Beeskow (Oder-Spree), wo der Energiekonzern Vattenfall Kohlendioxid (CO2) unterirdisch verpressen will. Und wie die meisten berlinert der Mann nicht, er hat keinen Zungenschlag, wie er in Brandenburg im größeren Umkreis von Berlin üblich ist.

Vorn an der Stirnseite der lang gestreckten Tafel spricht an diesem Donnerstagabend Ralf Christoffers. Für die Linke sitzt er seit 2009 als Wirtschaftsminister in der rot-roten Landesregierung. Christoffers spricht Sätze, die er schon oft gesagt hat. Er spricht schnell und leise. Für die älteren Genossen zu leise. Er will sich bessern, sagt Ralf Christoffers. Die Genossen an der Basis sollen ihn besser verstehen.

Christoffers ist gekommen, um Minister zu bleiben. Die Genossen brüten an diesem Abend über einen Antrag für den Landesparteitag, in dem es um das CO2-Endlager geht – und um Christoffers Abberufung als Minister. Der hatte die Basis in Beeskow erzürnt, weil er einen Hauptbetriebsplan Vattenfalls zur Erkundung unterirdischer Gesteinsschichten erlaubt hat. In der Partei löste das schieres Entsetzen aus. Seit die Linke 2009 in die Regierung kam, hat es das nicht gegeben. Öffentlich rügten Landeschef Thomas Nord und Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser ihren Minister, kritisierten die Genehmigung als „falschen Schritt zur falschen Zeit“. Kaiser wiederholt an diesem Abend ihre Worte. Und Christoffers muss Buße tun. Er habe unterschätzt, dass die Genehmigung mit dem Start zur Erkundung gleichgesetzt werden könnte, sagt er. „Hier hat die Kommunikation versagt.“ Der Minister verspricht, die Partei besser zu informieren.

Denn es ist ein brisantes Thema. In der Opposition unterstützte die Linke die Volksinitiative gegen neue Braunkohletagebaue. Im Wahlkampf macht sie 2009 Front gegen die CCS-Technologie, mit der Vattenfall bei der Braunkohle-Verstromung anfallendes CO2 abscheiden und tausend Meter unter Beeskow endlagern will. Als Regierungspartei macht die Linke Kompromisse – und hat ein Problem damit. Die Genossen in Beeskow nennen es Betrug an eigenen Wählern.

Christoffers, der CCS als Chance im Kampf gegen den Klimawandel sieht, die zumindest ausprobiert werden sollte, kann sich auf den Koalitionsvertrag berufen. Demnach unterstützt Rot-Rot die Erprobung, nur die Sicherheit der Bürger darf nicht gefährdet werden. Die Basis will nun Nachverhandlungen zu den Endlager-Klauseln im Koalitionsvertrag, obwohl die SPD-Spitze dem bereits eine Absage erteilt hat. „Wir fordern, dass sich SPD und Linke noch einmal an einen Tisch setzen und das Thema CCS debattieren“ – über die „Interpretationsspielräume, die der Koalitionsvertrag zulässt“, sagt der Landtagsabgeordnete und Linke-Kreischef von Oder-Spree, Peer Jürgens. Neue Erkenntnisse zu möglichen Risiken müssten neu bewertet werden.

Christoffers, Kaiser und Jürgens wissen, in Beeskow geht es um Glaubwürdigkeit, um Anspruch und Wirklichkeit. Die Beeskower Genossen sind zwar aufgebracht, aber am Ende streichen sie ihre Forderung nach Christoffers Abberufung. Zwei sind dagegen. Alexander Fröhlich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })