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Von Alexander Fröhlich: Christoffers zunehmend in Bedrängnis

Genehmigung für ein schnelleres Überprüfen der Erkundung von unterirdischen CO2-Lagerstätten scharf kritisiert – sogar in der eigenen Fraktion

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Potsdam/Beeskow – Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gerät wegen seines Vorpreschens für unterirdische CO2-Endlager zunehmend in Bedrängnis – in den eigenen Reihen. In der Linke-Landtagsfraktion ist der Minister zunehmend isoliert. Der Fraktionsvorstand will sich am Montag damit befassen, nachdem Christoffers eine Absprache zum Vorgehen bei den für die Linke politisch brisanten Endlager-Plänen des Energiekonzern Vattenfalls nicht eingehalten hat. „Hätten wir nicht schon einen Rücktritt bei der SPD gehabt“ – gemeint ist Ex-Bildungsminister Holger Rupprecht, „dann stünde die Personalie Christoffers ernsthaft zur Debatte“, hieß von Abgeordneten.

Der Minister soll zu Wochenbeginn den Vorständen von Fraktion und Landespartei nach Angaben von Teilnehmern zugesichert haben, den von Vattenfall beantragten Hauptbetriebsplan zur Erkundung der Endlager für klimaschädliches Kohlendioxid(CO2) nicht in dieser Woche zu genehmigen. Nach Rücksprache mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) verkündete Christoffers dann am Mittwoch schließlich im regionalen Erkundungsbeirat doch, dass die Genehmigung erteilt wird. In der Fraktion sorgte dieser Schritt für Entsetzen. Ohne Not habe der Minister das Genehmigungsverfahren beschleunigt, was für die Linke in den betroffenen Regionen um Beeskow (Oder-Spree) und Neutrebbin (Märkisch-Oderland) heikel ist.

Die Partei hatte noch in der Opposition kräftig Stimmung gegen die Pläne Vattenfalls gemacht. Der Energiekonzern will in Jänschwalde ein Demonstrationskraftwerk bauen, wo bei der Verstromung von Braunkohle anfallendes CO2 abgeschiedenen und verflüssigt werden soll. Das Klimagas soll dann in Ostbrandenburg in unterirdischen Salzwasser-Schichten verpresst werden. Die Technologie nennt sich CCS – Carbone Capture and Storage.

„Zu teuer, zu energieaufwendig, unklare Risiken“, hatte Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser noch kurz vor der Landtagswahl 2009 befunden. Weil aber der Koalitionspartner SPD unbedingt an der Braunkohleverstromung festhalten will, der Klimaziele des Landes wegen neue Kraftwerke nur mit CCS-Technik zulassen will, musste die Linke den Kompromiss schlucken, tritt intern aber auf die Bremse. Die gemeinsame Linie in der rot-roten Koalition lautet nun: CCS und CO2-Endlager wird es nur geben, wenn Verpressung und unterirdische Lagerung wirklich sicher sind. Dazu will Vattenfall die potenziellen Speicherregionen erkunden.

Am gestrigen Freitag nun geschah das, was die Vorstände von Fraktion und Partei durch die Absprache mit Christoffers verhindern wollten. Das dem Wirtschaftsministerium unterstellte Landesbergamt hat den Hauptbetriebsplan in der Erkundungsregion Beeskow zugelassen und damit einen entscheidenden Schritt zur umstrittenen CO2-Verpressung gemacht. Die Entscheidung fiel auf Grundlage des Bundesbergbaugesetzes, damit Vattenfall Sole in tiefen Gesteinsschichten erkunden kann. Das aber ist rechtlich umstritten.

Denn nun wird nach Bergrecht der Bodenschatz Sole in tiefen Gesteinsschichten gesucht, obwohl der gar nicht gefördert werden soll. Beim Wirtschaftsministerium heißt es, „die subjektive Zielrichtung der Aufsuchung ist hier nicht entscheidend“. BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat, der Mitglied im CCS-Beirat ist,findet das „absurd und juristisch fragwürdig“. Der Grund für die heftige Kritik: Der Beirat hat mehrheitlich beschlossen, dass er die Erkundungsmethode für zweifelhaft hält.

Die Stadt Beeskow hat vor dem Verwaltungsgericht Cottbus bereits Klage gegen die 2010 erteilte Erkundungserlaubnis eingereicht, weil diese aus ihrer Sicht nur auf Grundlage eines CCS-Gesetzes des Bundes erfolgen darf. Bislang gibt es aber noch nicht einmal einen Beschluss des Bundeskabinetts, weil Länder wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein um Ausnahmeregeln feilschen.

Zwar wird Vattenfall CO2 erst in Ostbrandenburg endlagern können, wenn ein CCS-Gesetz vorliegt, wie der Präsident des Landesbergbauamtes Klaus Freytag gestern sagte. Aber wenn das Gesetz da ist, soll nach Christoffers Willen alles ganz schnell gehen. Mit der Genehmigung des Hauptbetriebsplans will er deshalb ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Cottbus erzwingen, um die Rechtsgrundlage für die Erkundung prüfen zu lassen – Bergrecht oder CCS-Gesetz. Dem müsste die Stadt Beeskow aber zustimmen. Bürgermeister Frank Steffen (SPD) hingegen sieht keinen Grund zu Eile, er will die Mitarbeit im CCS-Beirat, bei diesen „Spielchen des Ministers“ einstellen.

Die Stadtverordneten werden Mitte Februar darüber befinden. Christoffers habe mit der Genehmigung des Betriebsplans am Beirat vorbeigehandelt und diesen „vorgeführt“. Auch die Beeskower Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“ erwägt einen Ausstieg und forderte, das Gremium aufzulösen. Sprecher Mike Kess warf dem Minister „eine Kampfansage gegen die Bürger in Ostbrandenburg“ vor. „Das ist kein Dialogforum, sondern eine Lobby für Vattenfall.“

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