Brandenburg: CO2-Speicher: Bund strickt Lex Brandenburg
CCS-Gesetz soll zunächst nur Tests zulassen – Vattenfall würde das in der Mark fürs erste reichen / Röttgen: nichts gegen die Länder
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Potsdam/Berlin - Die Bundesregierung will vorerst keine großen kommerziellen Kohlendioxid-Speicher im Untergrund zulassen – aber die Voraussetzungen für die Erprobung der nötigen Technologien im Land Brandenburg schaffen. Ein von Bundesumwelt- und Wirtschaftsministerium ausgearbeitetes Gesetz, das im September im Kabinett beschlossen werden soll, erlaube nur Erprobungsvorhaben mit einem Volumen von maximal acht Millionen Tonnen pro Jahr, berichtete der „Spiegel“ am Wochenende. Erst wenn die Unbedenklichkeit der Methode erwiesen sei, sollten größere Mengen im Untergrund gelagert werden dürfen.
In Deutschland fehlt bisher die gesetzliche Grundlage, um das Treibhausgas CO2 in großem Stil abscheiden und dann in früheren Erdgasspeichern lagern zu können. Eine entsprechende EU-Richtlinie soll mit dem Gesetz in deutsches Recht umgesetzt werden. Im Vorjahr war dies auch an Widerstand in der Union – etwa des CDU-geführten Schleswig-Holsteins – gescheitert. Wegen solcher Widerstände aus den Ländern gegen die Zulassung großer kommerzieller Speicher war schön seit längeren gemutmaßt worden, dass es eine kleine Lösung geben wird, die nur die Erprobung regelt.
Denn der Druck aus den Energiekonzernen, noch in diesem Jahr das Gesetz zu beschließen, war enorm. Denn EU-Kommission fördert mit Milliarden-Beträgen Pilotanlagen in mehreren Ländern Europas, um die CCS-Technik zu erproben. In Deutschland soll das Vattenfall-Kraftwerk Jänschwalde im Süden Brandenburgs mit 180 Millionen Euro unterstützt werden. Doch ohne nationales Gesetz kann Vattenfall nicht mit dem Bau der Anlage beginnen. Und gefördert werden nur CCS-Anlagen, die bis zum Jahr 2015 fertig sind. Um das zu schaffen, heißt es bei Vattenfall, müsse noch in diesem Jahr begonnen werden. Genehmigt sind die 180 Millionen Euro an Fördergeldern schon.
Vattenfall setzt auf CCS, da die Braunkohlekraftwerke des schwedischen Staatskonzerns in Brandenburg besonders viel Treibhausgas CO2 produzieren. Zudem hat die Landesregierung angekündigt, neue Kohletagebaue nur noch zu genehmigen, wenn die Kohleverstromung unter Einsatz der CCS-Technologie erfolgt. Zudem muss Vattenfall ab 2013 für seine immensen CO2-Abgase sämtliche Verschmutzungsrechte an der Börse kaufen, was die Produktion teuerer machen.
Wegen des Streits war schon seit längerem gemutmaßt worden, dass der Bund zunächst eine Kleine-Gesetzeslösung beschließt – eine sogenannte Lex Brandenburg. Denn derzeit gibt es Speicher- und Erprobungspläne nur in Brandenburg.
Mit dem CCS-Verfahren soll das Kohlendioxid (CO2), das bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Braunkohle entsteht, abgefiltert und unterirdisch gelagert werden. Die unterirdische Verklappung stößt wegen möglicher Gefahren für Mensch und Umwelt auf Widerstand. Die Technik dafür wird im brandenburgischen Ketzin von Energiekonzernen und vom Geoforschungszentrum Potsdam erprobt. Langzeituntersuchungen über die Vorgänge im Untergrund fehlen ganz.
Potenzielle deutsche Speicher befinden sich in einer geologischen Formation, die sich von Ostbrandenburg über den Landesnordwesten nach Schleswig-Holstein und Niedersachsen erstreckt. Im Koalitionsvertrag von Schleswig-Holstein ist ein Nein zur CCS-Technik verankert. Im Vertrag von Schwarz-Gelb auf Bundesebene wird die Technik dagegen als Option genannt. Auch Brandenburg setzt darauf.
Als mögliche CO2-Speicherorte erkundet Vattenfall im Land Brandenburg Gegenden um Neutrebbin (Märkisch-Oderland) und Beeskow (Oder-Spree). Beide Kommunen wehren sich juristisch dagegen.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will die stark umstrittenen Kohlendioxid-Lager ausdrücklich nicht gegen den Willen der betroffenen Länder durchsetzen. Der CCS-Gesetzentwurf sehe vor, dass die Landesregierungen und Landtage im Zuge der Raumordnung entscheiden können, ob die sogenannte CCS-Erprobung in dem jeweiligen Bundesland generell möglich ist oder nicht, sagte Röttgen der Zeitschrift „Super Illu“.
Peter Tiede (mit rts und dpa)
Peter Tiede (mit rts, dpa)
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