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Der Tatort. An dieser Stelle im Stadtzentrum von Cottbus kam die Studentin aus Ägypten ums Leben.

© Anna Ringle/dpa

Brandenburg: Cottbus: Schwierige Ermittlungen nach Unfalltod

Wurde eine ägyptische Gaststudentin nach einem tödlichen Unfall in Cottbus fremdenfeindlich beleidigt? Der Verdacht auf Volksverhetzung und vorsätzliche Tötung bestätigte sich bislang nicht.

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Cottbus - Sie wurde angefahren und soll danach noch wüst fremdenfeindlich beleidigt worden sein: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einem tödlichen Verkehrsunfall mit einer ägyptischen Gaststudentin in Cottbus zum Verdacht der Volksverhetzung – die Ermittlungen gestalten sich jedoch schwierig. Rund 30 Zeugen seien seit April hierzu befragt worden, teilte die Cottbuser Behörde am Freitag mit. Vom überwiegenden Teil, darunter von Polizisten, Notarzt und Feuerwehrleuten, aber auch anderen Zeugen lägen keine Aussagen vor, die diesen Verdacht stützten. Von den restlichen Zeugen gebe es Aussagen, die „in diese Richtung“ gingen, die jedoch keinem Beteiligten zugeordnet werden könnten.

Von den Beschimpfungen hatte damals eine junge Frau berichtet, die nach eigenen Angaben Zeugin des Geschehens war – der Fall hatte für große Empörung gesorgt. Die Ägypterin war Tage nach dem Unfall im Krankenhaus gestorben.

Rassistische Äußerungen nicht zwangsläufig strafbar 

Wie die Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte, bestätigte die junge Frau nach mehreren Vernehmungen die Beleidigungen, die am Unfallort gefallen sein sollen, in dieser Form allerdings nicht mehr. Demnach gehe es nun nicht mehr um Äußerungen, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen würden. Im Klartext: Es könnten durchaus Äußerungen gefallen sein, die als rassistisch verstanden werden könnten. Fraglich ist jedoch, ob sie auch strafbar sind.

Weitere Gespräche mit einigen wenigen Zeugen stünden noch aus. Die Volksverhetzungs-Ermittlungen richteten sich gegen den Beifahrer des Unfallautos. Unterdessen sprach der rbb mit Zeugen, die den Unfall in der Nacht zum 15. April beobachtet haben wollen – eine der Aussagen liegt der Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben noch gar nicht vor.

Staatsanwaltschaft Cottbus verfolgt zwei Ermittlungsstränge

Laut rbb schilderten Männer, die die junge Ägypterin begleiteten, dass der Fahrer aus Sachsen das Auto vor dem Zusammenstoß beschleunigte. Die junge Frau war kurz vor dem Unfall auf die Straße getreten. Ein weiterer Zeuge, der nicht zur Gruppe um die Studentin gehören soll, will beobachtet haben, dass das Auto mit einer hohen Geschwindigkeit fuhr und einer der Insassen nach dem Unfall anfing, auf Ausländer zu schimpfen. Der Sender zitiert auch eine entsprechende Handy-Sprachnachricht, die der Zeuge dazu verschickt haben soll. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass konkret diese Aussage der Behörde nicht vorliege und sie deshalb beim Sender nachfrage, um mit dem Zeugen in Kontakt zu kommen.

Im Mai wurde bekannt, dass auch ägyptische Behörden Ermittlungen zu dem Fall aufnahmen. In Deutschland verfolgt die Cottbuser Staatsanwaltschaft zwei Stränge. Zum einen geht es um die Unfallfahrt an sich. Ermittelt wird bislang gegen den Autofahrer wegen fahrlässiger Tötung. Ein Tötungsvorsatz konnte ihm bislang nicht nachgewiesen werden.

Wie schnell war der Fahrer unterwegs?

Der Grund: Ein Dekra-Gutachten, das den Unfall rekonstruierte, hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber ergeben, dass der tödliche Zusammenstoß unvermeidbar gewesen sein soll. Der 20 Jahre alte Fahrer sei aber schneller unterwegs gewesen als in der Tempo-30- Zone erlaubt. Gemäß den Berechnungen sei es am wahrscheinlichsten, dass das Auto beim Zusammenstoß mit etwa 50 Stundenkilometern unterwegs war. Aus dem Gutachten gehe zudem hervor, dass der Unfall ab einer Geschwindigkeit von 18 Stundenkilometern passiert wäre. Ein zweites rechtsmedizinisches Gutachten, das die Behörde in Auftrag gegeben hat, kam zu dem Ergebnis, dass die tödlichen Verletzungen der Studentin ebenso eingetreten wären, wenn der Fahrer die vorgeschriebene Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern eingehalten hätte.

Daneben laufen in einem zweiten Strang die Ermittlungen gegen den Beifahrer wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Beleidigung. In dem Auto saßen nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft drei Menschen. Neben dem Fahrer aus Sachsen noch ein Mann und eine Frau, die laut der Behörde aus Brandenburg kommen. Die Ermittlungen zu dem Volksverhetzungsverdacht waren erst Tage nach dem Unfall ins Rollen gekommen – nachdem die „Lausitzer Rundschau“ über die junge Frau berichtet hatte, die den Vorfall mitbekommen haben will.

Volksverheltzung bisher kaum zu belegen

Die Zeugin hatte Tage nach dem Unfall öffentlich bei einer Cottbuser Theaterveranstaltung mit einem Gedächtnisprotokoll davon berichtet, dass Autoinsassen die Verletzte mit fremdenfeindlichen Parolen wüst beleidigt hätten. Erst daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf und leitete ein Verfahren ein. Die Behörde betonte damals, dass sie bis zum Zeitpunkt des Berichts der jungen Frau von dem Sachverhalt, den die Zeugin schilderte, keine Kenntnis gehabt habe. Danach sprachen Ermittler mit der Frau. Doch die rückte von der früheren drastischen Darstellung ab: „Die Beweislage lässt den Vorwurf der Volksverhetzung schlecht belegen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. (mit dpa)

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