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Brandenburg: Das große Quieken
Die Meersäue kommen: Am Wochenende laden ihre Liebhaber in Paaren/Glien zur Mega-Schau ein. Alle Raffinessen sind zu sehen – vom „US-Teddy“ bis zu den Rauhhaardackeln unter den Schweinchen
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Schon Joachim Ringelnatz hatte ein Herz für Meerschweichen. Er sorgte sich um eines, das er in einem Kasten neben dem Klosett entdeckte. „Es sah mich bange an... sann wohl hin und her, wagte sich dann heran und fragte mich: ,Wo ist das Meer’“, reimte der Berliner Dichter in den ZwanzigerJahren.
Den Atlantik oder Pazifik wird die stattliche Schar der Meerschweinchen aber kaum vermissen, die am Wochenende das Märkische Ausstellungs- und Freizeitzentrum (MAFZ) in Paaren/Glien bei Schönwalde bevölkert. Schließlich ist ihre Familie in den Pampas Südamerikas zu Hause – und hierzulande meist in Plastikställen oder Gartengehegen. Das Meer geriet in ihren Namen, weil Seefahrer sie einst nach Europa brachten. Danach machten die Meerschweinchen Karriere. Sie gehören nach jüngsten Umfragen bundesweit zu den beliebtesten Kuscheltieren.
Auch deshalb gibt es den „Landesverband der Meerschweinchenfreunde Berlin, Brandenburg & Sachsen“. Am Samstag und Sonntag präsentieren dessen Mitglieder und Züchter mindestens so viele ihrer kleinen Quieker in der Ausstellungshalle des MAFZ wie der Schönwalder Ortsteil Paaren im Glien Einwohner hat: mehr als 500. Es ist eine der größten Meerschweinchenausstellungen Deutschlands und die vielfältigste der Region mit allen Raffinessen, die diese Mini-Kuschelvegetarier zu bieten haben: Stirnwirbel, lange oder gelockte Haare, Plüsch-, Rosetten und Angorafell, Farbkombis von rosé bis schwarz-gepunktet.
Karin Lettmair gehört zu den Aktiven des Verbandes. Sie züchtet in ihrem Garten in Friedrichshagen am Müggelsee die „Rauhaardackel unter den Meersäuen“, wie sie sagt. Offiziell heißen sie Rex-Meerschweinchen, eine Mutation, 1919 erstmals in England entdeckt. Jedes Einzelne ihrer kurzen Fellhaare ist gezwirbelt, fasst sich kraus und fest an. Gut 35 „Rexe“ wuseln durchs Friedrichshagener Gehege, eine Zucht mit großen Zielen. Karin Lattmair stemmt sich gegen den „Modetrend zum US-Teddy-Meerschweinchen“. Das sind jene, die zwar auch ein kurzes, aber wesentlich softeres Schmusefell haben, zum Beispiel in Schoko-Gold-Weiß.
Was ist eigentlich so toll an den „Guinea Pigs“, wie sie die Briten nennen, weil die Tierchen bei ihnen bis 1816 meist für eine englische Guinee- oder Guinea-Goldmünze verkauft wurden? „Die haben eine lustige Sprache“, sagt Karin Lettmair. Pfeifen laut, eben wie Schweine, wenn das Futter naht; quieken oder gurren, wenn die Männchen auf Brautschau sind. Und sie entwickeln sich schnell zu Streichel-Kumpels, werden gar als „tierische Sozialarbeiter“ angepriesen – auch für einsame ältere Menschen – und sind im Kinderzimmer längst nicht so kratzbürstig wie ihre größten Konkurrenten, die Zwergkaninchen.
Gibt es in Paaren/Glien auch die Mega-Variante der Meersäue zu sehen? Also die sogenannten Riesenmeerschweinchen oder Cuyes, die in Peru auf dem Boden von Hütten oder in Farmen gemästet werden, bis zu 3 Kilo wiegen und dort auf dem Speisezettel stehen? „Die sind zu scheu für unsere Liebhaberei“, sagen Experten. Aber Cuyes-Mixe, auf klein gezüchtet, werden gezeigt. Für den Verzehr sind die aber nicht gedacht.
Märkisches Freizeitzentrum Paaren im Glien bei Schönwalde, Gartenstraße 1-3, Samstag 10-18 Uhr, Sonntag 10-16 Uhr. Mehr Infos: www.mfd-berlin.de.
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