Brandenburg: DDR-Heime: Kritik an Gerichten
Potsdam - Die erstmals von einem Brandenburger Gericht erteilte Rehabilitierung einer früheren Insassin des DDR-Durchgangsheims Bad Freienwalde ist aus Sicht der Aufarbeitungsbeauftragten des Landes unzureichend. Auch die Grünen im Landtag pochen nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes (OLG) auf weitere Schritte.
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Potsdam - Die erstmals von einem Brandenburger Gericht erteilte Rehabilitierung einer früheren Insassin des DDR-Durchgangsheims Bad Freienwalde ist aus Sicht der Aufarbeitungsbeauftragten des Landes unzureichend. Auch die Grünen im Landtag pochen nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes (OLG) auf weitere Schritte.
Das OLG hatte im November nach Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die früheren Heiminsassin Norda Krauel rehabilitiert wird. Zuvor hatten das Landgericht Frankfurt (Oder) und das OLG 2011 dies – wie auch bei anderen Betroffenen – noch abgelehnt. Doch das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidungen 2015 auf. Karlsruhe bemängelte beim OLG eine Verfahrensweise, die im „Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip“ steht, weil die Hinweise der Betroffenen nicht ausreichend überprüft, stattdessen Unterlagen der DDR-Behörden geglaubt wurde. Das OLG entschied neu, umschiffte aber Grundsatzfragen. Demnach erlitt die heute 52-jährige Krauel 1980 mit 16 Jahren „zu Unrecht Freiheitsentzug“, die Heimunterbringung war zwar rechtsstaatswidrig, aber nur wegen Formfehlern der DDR-Behörden.
Petra Morawe, Opferberaterin bei der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Ulrike Poppe, sagte den PNN: Mit dem OLG-Beschluss könne nur „in diesem Einzelfall für die Betroffene ein Teil der Gerechtigkeitslücke geschlossen werden, die durch die Ablehnung der strafrechtlichen Rehabilitierung gerissen worden war“. Für viele andere Betroffene, die in dem Durchgangsheim „Menschenrechtsverletzungen erlitten“, habe die Einzelfallentscheidung keine Auswirkungen. Grund ist für Morawe die restriktive Praxis der Brandenburger Gerichte. Dabei rehabilitiere etwa Sachsen-Anhalts OLG in Naumburg grundsätzlich frühere Insassen von Spezial- und Durchgangsheimen. Dieses Gericht sehe es durch verschiedene Studien und die Aufarbeitung der DDR-Heimerziehung als erwiesen an, dass die Unterbringung dort rechtsstaatswidrig war, so Morawe. Der Grund: Die Einweisung diente nur dazu, Kinder und Jugendliche umzuerziehen. „Dieser Umbau der Persönlichkeit wurde in aller Regel erzwungen und war mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden“, sagte Morawe.
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky forderte, dass neue Brandenburger Urteil müsse auf Konsequenzen für andere frühere Heiminsassen geprüft werden. Auch in deren Verfahren hätten Brandenburger Gerichte die vom Bundesverfassungsgericht 2015 gerügten Fehler gemacht. Es sei bedauerlich, dass das OLG sich nicht dazu durchringen konnte, dass erlittene Unrecht anzuerkennen, und „keinerlei Bezug auf die traumatisierenden, menschenunwürdigen Umstände im DDR-Kindergefängnis nahm“, sagte Schinowsky. Umso wichtiger seien die vom Landkreis Märkische-Oderland unterstützten Pläne des Vereins „Kindergefängnis Bad Freienwalde“, dort ein Mahnmal zu errichten. Alexander Fröhlich
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