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Brandenburg: „Deal um DDR-Funk war Wucher“ CDU verlangt vom Senat den Stopp des Geschäfts

Berlin - Nach der Versteigerung des ehemaligen DDR-Rundfunkgebäudes an der Nalepastraße in Berlin-Köpenick am Samstag verlangt die Opposition vom Senat Schadensbegrenzung. Nach Ansicht des stellvertretenden Berliner CDU-Fraktionschefs Michael Braun könne Berlin darauf drängen, dass der vorangegangene Verkauf an einen privaten Investor wegen Sittenwidrigkeit und Wuchers für nichtig erklärt werde.

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Berlin - Nach der Versteigerung des ehemaligen DDR-Rundfunkgebäudes an der Nalepastraße in Berlin-Köpenick am Samstag verlangt die Opposition vom Senat Schadensbegrenzung. Nach Ansicht des stellvertretenden Berliner CDU-Fraktionschefs Michael Braun könne Berlin darauf drängen, dass der vorangegangene Verkauf an einen privaten Investor wegen Sittenwidrigkeit und Wuchers für nichtig erklärt werde.

Das Gelände – unter anderem Heimat des Filorchester Babelsberg – hatte seit der Wende den neuen Ländern und Berlin gehört. Im November wurde es unter Regie der landeseigenen Immobiliengesellschaft von Sachsen-Anhalt (Limsa) für 350 000 Euro an eine Baufirma aus demselben Land verkauft. Die teilte das Objekt in drei Stücke. Am Sonnabend wurde allein der Teil mit den 50 Jahre alten, sanierungsbedürftigen Studiogebäuden für 4,75 Millionen Euroversteigert. Den Zuschlag erhielt ein Berliner Chirurg.

Allein der Preissprung auf rund das Vierzehnfache rechtfertigt nach Ansicht Brauns eine einstweilige Verfügung gegen den Vertrag vom November. Der Rechtsanwalt und Notar Braun sagt, Berlin könne das als Gesellschafter von der Limsa verlangen. Das Argument des Senats, Berlin sei mit seinem Anteil von nur 8,5 Prozent machtlos, lässt Braun nicht gelten: Die Stadt habe auch mit diesem Anteil ein Vetorecht. Sollten die anderen neuen Länder partout an dem damaligen Billig-Verkauf festhalten, könnten sie angesichts des entgangenen Millionengeschäfts zu Schadensersatz verpflichtet werden.

Lisa Paus, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, wirft der Verwaltung falsches Spiel vor: Eine Expertise zur Frage der Rückabwicklung des Deals sei „ein Gefälligkeitsgutachten“ in dem Sinne, dass Berlin in der Sache für machtlos erklärt werden sollte. In einer Telefonkonferenz der Länderverwaltungen kurz nach dem Geschäft habe Berlin nicht protestiert, obwohl es mit seinem 8,5-Prozent-Anteil ein Vetorecht gehabt habe. Und als der damalige Käufer – eine Baumaschinenvermietung aus Sachen-Anhalt – seine Bonität nicht pünktlich nachwies, habe Berlin einer Fristverlängerung zugestimmt, statt das Geschäft zu stoppen.

Insider erwarten, dass die Öffentlichkeit mit der Nalepastraße noch weitere böse Überraschungen erleben wird. Denn in dem Komplettpaket für 350 000 Euro war mindestens ein weiteres Filetstück enthalten, das sich möglicherweise für nahezu zehn Millionen Euro weiterverkaufen ließe: Es erstreckt sich entlang der Rummelsburger Landstraße und ist – anders als der jetzt versteigerte Teil – nicht von denkmalgeschützten und damit teuer sanierungsbefürftigen Bauten bestanden. Derzeit gehört es einer Firma namens „Spree Development“. Deren Geschäftsführer ist Nico Thiele, Sohn des damaligen Chefs der Käufer-Firma aus Sachsen-Anhalt. Beide waren am Sonnabend bei der Versteigerung des benachbarten Teils anwesend. Thiele junior wollte sich am Wochenende nicht zu seinen Plänen äußern. Sein Vater behauptete am Telefon: „Mein Sohn ist auf Weltreise“.

Die mehr als 100 Gewerbemieter des Geländes hoffen, unter dem neuen Erwerber wieder normal arbeiten zu können. Der vorherige hatte keine Betriebskosten gezahlt, weshalb die Limsa jetzt 400 000 Euro Vorschuss einzuklagen versucht. „Es ist erschütternd, mit welcher Dummbatzigkeit und Arroganz da gehandelt wurde“, sagte ein Mieter. Stefan Jacobs

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