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Zwischen Beelitz und Berlin-Wannsee bedienen zwei Züge nacheinander die gleiche Strecke.

© Andreas Klaer

Der Brandenburger Sinnlos-Zug: Absurder Parallelverkehr zwischen Beelitz und Berlin

Zwischen der Spargel- und der Bundeshauptstadt haben Pendler die Qual der Wahl. Dagegen werden in anderen Regionen des Landes ganze Linien gestrichen.

Es könnte die unsinnigste Bahnlinie in ganz Brandenburg sein: Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember verkehrt die Regionalbahn RB 37 von Beelitz-Stadt nach Berlin-Wannsee. Unterwegs halten die gelb-weißen Triebwagen der Odeg in Michendorf, Wilhelmshorst, Potsdam-Rehbrücke und Potsdam Medienstadt-Babelsberg. Doch wer erst ein paar Minuten nach Abfahrt des Zuges zu diesen Bahnhöfen kommt, muss nicht verzweifeln: Er kommt trotzdem an sein Ziel. Denn an allen Bahnhöfen der RB37 außer Beelitz-Stadt hält auch der Regional-Express RE7. Und dessen Züge kommen an Werktagen genau sechs Minuten nach der RB 37. In die Gegenrichtung fährt der RE7 genau vier Minuten vor der RB 37, hält allerdings vormittags nicht in Wilhelmshorst.

Und es wird noch bizarrer: Denn in Berlin-Wannsee beginnen und enden die Fahrten der RB 37 auf Gleis 8, dem Bahnsteig des früheren Autozugterminals. Der allerdings ist als einziger Bahnsteig nicht mit dem Fußgängertunnel des Bahnhofs verbunden. Und er ist auch nicht barrierefrei erreichbar: Wer auf Gleis 8 aus Richtung Beelitz ankommt, muss zunächst mithilfe einer Brücke mehrere Abstellgleise überqueren und dann um das Autozugterminal herumlaufen. Erst dann kann er von der an der Ostseite des Bahnhofs gelegenen Nibelungenstraße aus dem Tunnel zu den übrigen Bahnsteigen gelangen. Und dabei hört er dann vermutlich schon die Ankunft des ja nur sechs Minuten nach der RB 37 in den Bahnhof Wannsee einfahrenden Zugs des RE 7.

Anderswo gibt es solche Parallelverkehre nicht. Im Norden des Landes haben Fahrgäste ganz andere Sorgen: In der Uckermark wurde der Probebetrieb der RB 63 zum Fahrplanwechsel im Dezember eingestellt. Und zur Zukunft der Prignitzer Nebenlinien RB73 und RB 74 findet am Donnerstag eine Anhörung im Verkehrsausschuss des Landtags statt. Dort fährt derzeit nur wenige Male am Tag ein Triebwagen.

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„Die Situation in Potsdam muss aus Sicht von Einwohnern der Prignitz und der Uckermark wie ein schlechter Witz wirken“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Brandenburger Linken, der Templiner Landtagsabgeordnete Andreas Büttner. „Während in der Uckermark eine ganze Bahnlinie abbestellt wird und die Zukunft von RB73 und RB74 unklar ist, fahren hier auf derselben Strecke kurz hintereinander zwei Bahnen.“ Die RB 37 dann auch noch am Autozuggleis halten zu lassen, bedeute eine kaum zumutbare Umsteigesituation. „Das zeigt, dass es wenig Koordination und schon gar keine Prioritätensetzung im Verkehrsministerium gibt.“

Auch im Ministerium sieht man Probleme

Und was sagt das Ministerium selbst zur RB 37? „Mit der RB 37 soll die Übereckverbindung vom Bahnhof-Beelitz Stadt in Richtung Michendorf und Berlin-Wannsee beibehalten werden, die durch die neue Linienführung der RB 33 nach Potsdam Hauptbahnhof sonst entfiele“, sagte die Sprecherin des Potsdamer Verkehrsministeriums, Katharina Burkardt, dieser Zeitung. Denn vor dem Fahrplanwechsel fuhren die Züge der RB 33 aus Jüterbog über Beelitz Stadt nach Wannsee.

„Des Weiteren wird mit ihr ein ganztägiges Angebot von drei Zügen pro Stunde im besonders stark nachgefragten Bereich Michendorf – Berlin-Wannsee inklusive dortiger Anschlüsse in Richtung Berlin ermöglicht.“ Doch auch im Haus von Guido Beermann (CDU) sieht man die Probleme: Für das nächste Fahrplanjahr 2024 sei geplant, die Züge der RB 37 nicht mehr so dicht am Takt des RE7 fahren zu lassen.

Ich erwarte, dass das Land diesen Unfug beendet und das offenbar sinnlos ausgegebene Geld in die RB 63 investiert.

Andreas Büttner, Templiner Landtagsabgeordnete der Linken

„Die Nutzung des Autozugbahnsteiges Gleis 8 bleibt jedoch vorerst erforderlich“, sagt Burkardt. Denn ein Abstellgleis im Norden des Bahnhofs Wannsee, wo man die Triebwagen der RB 33 vor dem Fahrplanwechsel parken konnte, wird nun für die ebenfalls neu eingeführten Verstärkerzüge des RE7 benötigt. Also jene Züge, die kurz vor oder nach der neuen RB 37 fahren.

Ähnlich äußert sich der Betreiber Odeg. „Die fehlende Barrierefreiheit und längere Umsteigezeiten sind der Odeg bekannt“, sagt Sprecherin Swantje Mielke dieser Zeitung. „Unseren Fahrgästen empfehlen wir, bei Notwendigkeit entweder abschnittsweise die Züge der Linie RE 7 zu benutzen oder je nach Reiseziel auch auf Züge der RB 33 nach Potsdam Hbf auszuweichen.“ Die Odeg rät also sogar selbst von der Nutzung des eigenen Zuges ab. Was den Templiner Landtagsabgeordneten Büttner im Gespräch mit dieser Zeitung dann doch deutlich werden lässt: „Ich erwarte, dass das Land diesen Unfug beendet und das offenbar sinnlos ausgegebene Geld in die RB 63 investiert.“

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