Brandenburg: Der Ku’damm bekommt seine Arkaden
René Benko übernimmt Karstadt und plant in der City West ein Center wie am Potsdamer Platz
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Fast scheint es, als hätten Karstadts Mitarbeiter am Ku’damm ein Schweigegelübde abgelegt. Nicht einmal anonym wollen sie in diesen Tagen etwas zur Übernahme aller Karstadt-Filialen durch den österreichischen Unternehmer René Benko sagen. „Kein Kommentar“, hieß es in den Verkaufsräumen und oben vor dem Personalrestaurant. Dabei gibt es am Ku’damm derzeit eigentlich besonders viel Gesprächsstoff. Denn Benko, der Centerspezialist Harald Huth und die von einem israelischen Milliardär geführte Firma BSG Real Estate wollen um das Warenhaus ein Einkaufszentrum bauen.
Dem Vernehmen nach geht es um mindestens 40 000 Quadratmeter Verkaufsfläche zusätzlich – das entspricht der Größe der Potsdamer-Platz-Arkaden. Karstadt am Kurfürstendamm, 1971 als Wertheim eröffnet und erst 2011 modernisiert, bedient auf 28 500 Quadratmetern in acht Etagen. Für das Center sollen das Bettenhaus an der Augsburger Straße und das Parkhaus mit der Zufahrt an der Rankestraße komplett abgerissen werden.
Doch die Pläne sind weit größer. Es laufen auch Kaufverhandlungen für Nachbarhäuser. Eines davon ist der angrenzende kleinere Bau mit einem Telekom-Shop und einer „Orsay“-Filiale. Gespräche gab es auch um das Bürohaus Rankestraße 5-6, wie dessen Eigentümer Polis Immobilien bestätigt. Einer der Mieter ist dort die Techniker-Krankenkasse. Polis sehe das Interesse gelassen und wolle sich zumindest momentan nicht von dem denkmalgeschützten Siebengeschosser aus den 1950er-Jahren trennen, sagte Vorstandssprecher Alan Cadmus.
Sogar auf das neue Ku’damm-Eck mit C&A und dem Swissôtel-Hotel sollen die Centerplaner laut einem Bericht der „Immobilien-Zeitung“ ein Auge geworfen haben. Dafür war keine Bestätigung von der Eigentümerfirma Grothe oder den Mietern zu erhalten. Einzelhandelsexperten halten es für plausibel, dass die miteinander befreundeten Unternehmer Benko und Huth das Ku’damm-Eck einbeziehen wollen. „Ohne die Ecke ist es erheblich schwieriger, die Passantenströme zu lenken“, sagt Christoph Meyer, Geschäftsführer der CM Best Retail Properties GmbH, der ehrenamtlich den Stadtentwicklungsausschuss der IHK Berlin leitet. Erstmals wurden die Ausbaupläne im Januar bekannt – damals war aber noch nicht von einem so großen Center die Rede. In einem vertraulichen Gespräch mit Harald Huth hatte der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat, Marc Schulte (SPD), den Eindruck gewonnen, es gehe um ein „großes Geschäftshaus“. Details dürfe er nicht nennen, sagt Schulte. Nur so viel: Die Flächen hinter dem Warenhaus seien „verbesserungswürdig“ und böten viel Potenzial. Eine neue Lösung müsse sich aber in den „gewachsenen Einzelhandelsstandort“ integrieren: „Eine völlig in sich gekehrte Mall wäre der falsche Weg.“
Mit einer Schließung des Karstadt-Hauses rechnet niemand, die Filiale gilt als sehr umsatzstark. Huth hat gegenüber dem Bezirk keine Abrisspläne geäußert, die Geschäftsführung des Kaufhauses beruhigte die Mitarbeiter vor einem halben Jahr in einer Betriebsversammlung.
Das Projekt rund um Karstadt hat noch keine Kritik ausgelöst – vielleicht auch, weil es der BVV noch gar nicht vorgestellt wurde. Nur der Piratenpolitiker Siegfried Schlosser äußerte auf Nachfrage Bedenken. Zeitpläne sind noch nicht bekannt. Harald Huth, der am 25. September zunächst seine „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz in Mitte eröffnen will, und Benkos Signa-Gruppe ließen Anfragen unbeantwortet. Ein Wort mitzureden hat das Bundeskartellamt: Laut einem Sprecher prüft es, ob das Investorentrio das Karstadt-Grundstück gemeinsam erwerben darf. Cay Dobberke
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