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Brandenburg: Der Kunde ist Kanzlerin
Angela Merkel zeigte Chinas Premier Li einen Supermarkt in Berlin – dort ist sie Stammkundin
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Berlin - Staubsaugerbeutel der Größe M 48? Findet man nicht überall, und der heimische Vorrat schrumpft. Also zugreifen, zu 9,99 Euro die Schachtel. Zumal die Beutel durch den Ort des Erwerbs auch noch prominent veredelt sind: Verbrauchermarkt Ullrich in der Mohrenstraße, dicht an der Wilhelmstraße. Ein Supermarkt, den man sich merken muss, nicht nur wegen des Staubsaugers. Wo nämlich Angela Merkel regelmäßig einkauft, seit Jahren schon, wie man so hört, und manchmal bringt sie sogar weitere potenzielle Kunden von vergleichbarem Status mit, in diesem Fall Li Keqiang, Premierminister der Volksrepublik China.
Das sieht man noch seltener als die raren Beutel: Die Bundeskanzlerin am Freitagnachmittag mit rotem Einkaufskorb im Arm, wie sie sich an den Verkaufstheken vorbeischiebt, bei den Wurstwaren stehen bleibt und dem Gast aus Fernost das Sortiment erläutert, ihn einen gelben Kürbis betasten lässt, sich schließlich für zwei, drei Dinge entscheidet, zur Kasse geht und zahlt, in bar mit einem Zwanziger. Immer einen imponierenden Tross von Sicherheitsleuten, Protokollexperten und Begleitern des Chinesen im Schlepptau – und Journalisten, Fotografen, Kameraleute, denn solch ein zwischen zwei staatsmännischen Terminen eingeklemmter Einkaufsbummel wäre sinnlos, wenn niemand draußen im Land davon erführe.
Samstagmittag herrscht auf der tags zuvor von dunklen Limousinen verstopften und ohnehin abgesperrten Mohrenstraße wieder Alltag bei eher zurückhaltendem Kundenstrom. Die bronzenen Generäle, der alte Dessauer, Zieten aus dem Busch und wie sie alle heißen, stehen unbeeindruckt auf ihren Sockeln und halten Wacht. Nichts erinnert mehr an den Staatsbesuch, denn das nahe Chinalokal „Pekingente“ ist ja auch sonst da.
Hinein also ins Einkaufsparadies. Es ist zweigeschossig, ein wenig kunterbunt in seiner Warenpräsentation, Fahrradreifen neben Schokoladenweihnachtsmännern, Strumpfwaren, Plastikdosen. Die mittels Kanzlerinnenworten erläuterte Wurstwarentheke befindet sich im Untergeschoss, dort waltet momentan in einem halb offenen Raum der Herr Laatsch, Leiter der Filiale, seines Amtes. Ein Mann, in dem sich Auskunftsbereitschaft und Diskretion erfreulich mischen. Ja, er könne bestätigen, dass die Kanzlerin hier Kundin sei, wie auch mancher andere Prominente aus der Politik hier schon eingekauft habe, der Eichel und der Müntefering beispielsweise, auch Iris Berben und Kati Witt, wenn sie in Berlin sei, die habe ja mal in der Nähe gewohnt. Aber so einen Aufwand wie am Freitag habe er noch nie erlebt. Eine Stunde vorher habe man ihn informiert. Sonst komme Merkel ja immer nur in kleiner Begleitung, draußen die Staatskarosse mit Fahrer, ein Personenschützer an der Kasse, zwei nahe der Kanzlerin. Zur Frage aber, was sie diesmal gekauft habe, hält er sich bedeckt, das sei schließlich Privatsache, die in den Medien genannte Liste – Nikolausstiefel, Salz, Grußkarten – stimme aber nicht ganz. Andreas Conrad
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