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Von Alexander Fröhlich: Der Nächste?

Kreistagschef Sven Alisch will Landrat von Ostprignitz-Ruppin werden – gestern wurden Büros und sein Privathaus durchsucht

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Rheinsberg – Erneut steht ein brandenburgischer Kommunalpolitiker unter Korruptionsverdacht – diesmal von der SPD. Der Kreistagsvorsitzende von Ostprignitz-Ruppin Sven Alisch und dessen Frau Heike werden des Subventions- und Kreditleistungsbetrugs verdächtigt. Gestern Morgen durchsuchten 25 Beamte des Landeskriminalamts insgesamt acht Objekte in dem Landkreis, darunter das Privathaus der Familie in Rheinsberg und Firmenräume. Dort beschlagnahmten sie 80 Aktenordner, fünf Computer und mehrere Datenträger. Brisant ist der Fall, weil Alisch im kommenden Jahr das Amt des Landrats übernehmen will. Durchsucht wurden auch Büros von Firmen aus der Baubranche und einer Anwaltskanzlei in Neuruppin und Wittstock.

Die Polizisten der Abteilung für Wirtschaftskriminalität gingen mit der Razzia der Anzeige eines Bauunternehmers vom vergangenen Jahr nach. Dabei geht es um zweierlei Vorwürfe: um unbezahlte Rechnungen für ein Vier-Sterne-Appartementhaus der Alischs in Rheinsberg mit Blick auf den Grienericksee und um Fördermittel für den in den Jahren 2004 und 2005 errichteten Bau. Nun prüfen die Ermittler, ob Teile der für den touristischen Appartementbau gezahlten Fördergelder zweckentfremdet in Arbeiten am Privathaus der Familie geflossen sind und ob bereits im Förderantrag falsche Angaben gemacht wurden. Die Eheleute sind Inhaber einer Tourismus-Firma.

Die Landesinvestitionsbank Brandenburg (ILB) bestätigte lediglich, dass zwei Fördermittelanträge des Unternehmens bewilligt wurden. Mit Hinweis auf die Ermittlungen der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin wollte die ILB keine Details nennen. Alisch sprach gestern von Geldern in Höher von rund einer halben Million Euro.

Der Sozialdemokrat, der seit 1998 den Vorsitz des Kreistags inne hat, wies gestern gegenüber den PNN die Vorwürfe von sich. Die Ermittlungen seien ein normaler Vorgang, er habe nichts zu verbergen, die Unterlagen für die Fördergelder und das Appartementhaus seien von der ILB und dem Potsdamer Wirtschaftsministerium bereits mehrmals geprüft worden. „Ich sehe den Untersuchungen gelassen entgegen und gehe davon aus, dass die Vorwürfe am Ende entkräftet werden“, so Alisch. Wegen eines Gerichtsstreits mit einer Baufirma um Baumängel an seinem Ferienobjekt in Höhe von fast 200 000 Euro und unbezahlter Rechnungen sei ihm bereits mehrmals angedroht worden, dass er politisch „fertiggemacht“ werde. „Ich stehe im öffentlichen Mittelpunkt der Kommunalpolitik“, so der Sozialdemokrat, der erst vor wenigen Tagen seinen 43. Geburtstag gefeiert hatte. In seiner Partei war gestern von einer gezielten Rufmordkampagne wegen Alischs Ambitionen auf den Landratsposten die Rede. Der jetzigen Chef der Kreisverwaltung, Christian Gilde (SPD), zeigte sich überrascht vom Vorgehen der Polizei gegen seinen Parteigenossen und sagte nur: „Ich kann mir das nicht vorstellen.“ Die Geschäftsführerin des SPD-Unterbezirks Ostprignitz-Ruppin, Britta Avantario, erklärte: „Momentan sehe ich die Landratswahl nicht gefährdet, noch gilt die Unschuldsvermutung.“

Alisch ist als Anwalt für Arbeits- und Sozialrecht für eine Gesellschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Neuruppin tätig. Er sagte, die Ermittlungsbehörden müssten den Vorwürfen gegen ihn nun nachgehen – gerade vor dem Hintergrund zahlreicher Korruptionsskandale in Neuruppin.

2006 waren Mitglieder der „XY-Bande“ in einem der größten Prozesse um organisierte Kriminalität in Ostdeutschland zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden, darunter ein Kommunalpolitiker der CDU. Es ging um Glücksspiel und Rauschgifthandel, die Bande hatte Verbindungen bis in die Polizei und die Stadtverwaltung von Neuruppin.

Der frühere Bürgermeister und spätere Landtagsabgeordnete Otto Theel (Linke) legte im Mai 2008 nach einem Bewährungsurteil wegen Korruption sein Mandat nieder.

Anfang September musste der Chef der regionalen Sparkasse sein Amt nach Vorwürfen aufgeben, er habe seinen 60. Geburtstag auf Kosten der öffentlich-rechtlichen Bank ausrichten lassen. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreueverdachts. Daneben muss sich derzeit der frühere Chef der Neuruppiner Stadtwerke, Dietmar L., wegen besonders schwerer Untreue vor Gericht verantworten.

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