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Oder-Partner. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Polens Botschafter in Deutschland Marek Prawda vereinbarten am Mittwoch in Berlin eine bessere Zusammenarbeit im Kampf gegen Grenzkriminalität.

© Jörg Carstensen/dpa

Krisengipfel zu Grenzkriminalität: Deutsche-Polnische Hürden

Nach seiner Verbalattacke gegen deutsche Sicherheitsbehörden lud Polens Botschafter Marek Prawda am Montag zum Krisengipfel gegen Grenzkriminalität und Autoklau: Die Polizei beidseits von Oder und Neiße will jetzt noch enger zusammenarbeiten. Noch hakt es aber dabei.

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Berlin/Potsdam - Es war ein Pflichttermin zu allererst für Polens Botschafter Marek Prawda. Ausgerechnet sein Verbalausfall über deutsche Sicherheitsbehörden hat die Gespräche über eine enge Zusammenarbeit der Behörden in Brandenburg und Polen im Kampf gegen den grassierenden Fahrzeugklau und grenzüberschreitende Autoschieberbanden beschleunigt. Jetzt sollen die ohnehin bestehenden Drähte über die deutsch-polnischen Grenze hinweg ausgebaut und der Informationsaustausch verbessert werden. Darauf einigten sich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Prawda nach Gesprächen mit ranghohen Polizeibeamten am Mittwoch in der polnischen Botschaft in Berlin.

Dass das Treffen so schnell zustande kam, hat einen simplen Grund. Polens Ministerpräsident Donald Tusk verdonnerte Botschafter Prawda dazu. Der hatte Anfang Januar in Potsdam Irritationen und ein Medienecho beiderseits von Oder und Neiße ausgelöst. Prawda hatte deutsche Sicherheitsbehörden zu besseren Maßnahmen im Kampf gegen den Autoklau aufgefordert, obwohl die Spuren laut Polizeistatistik in den meisten Fällen nach Polen führen. Dies sei „zunächst ein Problem des Landes, in dem die Autos gestohlen werden“, polterte Prawda. Vielleicht sei „es ja noch zu einfach, in Deutschland Autos zu stehlen“. Dabei helfe es „weniger, über die Belastung der politischen Beziehungen zu sprechen, als mehr für die Prävention zu tun“. Das saß!

Schließlich geht es nicht einfach nur um gestohlene Autos, Land- und Baumaschinen, es geht um das Verhältnis zu Polen, die Haltung der Menschen in der Grenzregion mitten in Europa und um tief sitzende Vorurteile, wie sie sich etwa in so genannte Polenwitzen zeigen, in denen es oft um eines geht – Autoklau.

Platzeck selbst warnte am Mittwoch erneut davor, wenn der seit dem Beitritt Polens zum Schengenraum 2007 zu verzeichnende Anstieg beim Autoklau sich nicht eindämmen lasse, könnte sich das „negativ auf die Stimmung“ in der Grenzregion auswirken. „Das wollen wir nicht zulassen.“ Vor einigen Wochen noch sorgte er sich um die deutsch-polnischen Beziehungen. Lange war das Thema von führenden Politikern aus Rücksicht vor dem Nachbarland und aus Sorge vor Polen-Feindlichkeit gemieden worden. Angesichts dramatischer Appelle von Unternehmen in der Grenzregion über hohe Verluste durch geklaute Bau- und Landmaschinen und abgezapften Diesel, sah sich Brandenburgs Landesregierung gezwungen zu handeln. Platzeck schaltete sich persönlich ein und vereinbarte eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Unternehmern, Polizei und Ordnungsbehörden. Polizeipräsident Arne Feuring setzte in der vergangenen Woche drei der vier Hundertschaften im Land auf Autoschieber an. Sie sollen drei Monate lang Großkontrollen durchführen oder in Zivil auf Streife gehen. Die Ende 2010 gegründete Sonderkommission „Grenze“ wurde von 80 auf 90 Beamte aufgestockt.

Am Mittwoch loteten Prawda und Platzeck aus, „wo wir besser werden müssen“. Zwar gibt es ein deutsch-polnisches Zentrum von Polizei und Zoll im polnischen Swiecko, dennoch bestünden auf beiden Seiten rechtliche Hürden, erklärte Oberst Marek Dyjasz, der in Polens Polizeizentrale in Warschau für die Bekämpfung organisierter Kriminalität zuständig ist. Offenbar gab es bei den Gesprächen ernsthafte Differenzen. Dyjasz sprach von einem intensiven Treffen, „zum Teil gab es Streit“. Jetzt sollen gemeinsame Funkfrequenzen beidseits von Oder und Neiße gefunden und die Leitstellen vernetzt werden. Die bestehende Zusammenarbeit kommt auf den Prüfstand. Auch Staatsanwaltschaften werden hinzugezogen. Sie sitzen beim nächsten Treffen in rund sechs Wochen mit am Tisch.

Am Mittwoch waren auch Polizeibeamte aus Sachsen in Polens Botschaft dabei, Mecklenburg-Vorpommern schickte keinen Vertreter, ebenso nicht die Bundespolizei. Dabei ist Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) höchst unzufrieden, weil völlig ungewiss ist, ob und wie stark die Bundespolizei in der Grenzregion präsent bleiben wird. Brandenburg ist wegen seiner Lage und den Ost-West-Transitstrecken von der Grenzkriminalität besonders betroffen. Bundesinnenminister Hans- Peter Friedrich (CSU) hatte bereits im Dezember eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Führung Brandenburgs einberufen, die neue Strategien für die Polizei im Kampf gegen Grenzkriminalität entwickeln soll.

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