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Umstrittene Immobiliengeschäfte. Frühere Militärliegenschaften im Land Brandenburg spielen eine große Rolle bei den Geschäften der Brandenburgischen Boden Gesellschaft.

© Bernd Settnik/dpa

Von Thorsten Metzner: Die Akte

Die Hintergründe der Privatisierung der Brandenburgischen Boden Gesellschaft

Stand:

Es war eine komplizierte Operation, der Verkauf der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) im Jahr 2006: Die Akten, die der Untersuchungsausschuss des Landtages demnächst unter die Lupe nehmen wird, füllen im Finanzministerium einen ganzen Schrank. Und sie sind, augenscheinlich, penibel geführt: Selbst eine Rechnung der Investitionsbank (ILB), die im August 2006 Gastgeber für eine Verhandlungsrunde mit dem späteren BBG-Käufer Frank Marczinek war, gestellt an das Finanzministerium, ist säuberlich abgeheftet. „40,21 Euro“, für „6 Kannen Kaffee, 2 Kannen Tee und 8 Teller Gebäck“, dazu Mineralwasser und Bionade. Ob das Finanzministerium bei der Privatisierung der BBG genauso sparsam und korrekt war? Die Akten und die lange praktizierte Geheimniskrämerei um den Preis für die Firma, die samt 12-Millionen–Auftrag verkauft wurde, lassen daran zweifeln.

Eine Rückblende: Am 7. November 2006 verkündete der damalige Finanzminister Rainer Speer (SPD) nach einer Sitzung des Kabinetts auf einer Pressekonferenz und mit einer Pressemitteilung die „erfolgreiche Privatisierung“ der BBG. Mit gleichem Datum ging ein Schreiben an die Vorsitzende des Finanzausschusses Kerstin Osten (Linke), heute Direktorin im Landesrechnungshof. Zitat: „Das Land erhält für die BBG – teilweise über eine Ausschüttung von der Gesellschaft – rd. 3,9 Mio.“ Aber das war, wie sich jetzt, anno 2010, mit der Finanz-Affäre herausstellt, nur die halbe Wahrheit, wenn überhaupt. Der Notarvertrag (UR 1545/2006), am 2. November 2006 unterzeichnet, war präziser: „Der Kaufpreis beträgt 635 000 Euro“. 3,3 Millionen Euro durfte der Käufer von den Konten der gerade erworbenen Landesfirma nehmen. Und das Gutachten einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,das im Juli 2006 noch von einem BBG-Wert von 4,5 Millionen Euro ausging, die das Finanzministerium für „unverhandelbar“ erklärte, war am 25. September vor dem Zuschlag an die TVF auf 3,6 Millionen Euro „fortgeschrieben“ worden.

Im Vergabeverfahren hatte sich das Finanzministerium bemüht, keine Formfehler zu machen, keine Anfechtungsgründe zu liefern. Die Schritte, auch der Ausschreibungstext für das EU-Amtsblatt, wurden mit einer renommierten Berliner Kanzlei abgestimmt. Das Ministerium nahm mit den zwei besten Erstbietern, der TVF und einer Wolfener Firma, parallele Verhandlungen auf. Am Ende lag die Wolfener Firma, Grundlage war ein kompliziertes Punkte-Vergabesystem, nur knapp hinter der TVF: 79,79 zu 81,89. Allerdings boten die Wolfener real nur 340 000 Euro. Und die TVF war inzwischen keine Firma mit starkem Konzern-Hintergrund (Vattenfall/Thyssen) mehr, die sie noch beim ersten Angebot vom 17.7. war. Parallel zu den Verhandlungen mit dem Land über den BBG-Kauf hatte Marzcinek die TVF am 14. August 2006 selbst erworben. Das Finanzministerium wurde darüber „informell mündlich“ im August, offiziell mit seinem verbindlichen Schlussgebot vom 14.9. informiert. Die TVF-Anteile habe mit Vertrag eine „Brilliant 321 GmbH“ übernommen, deren Alleingesellschafter Marczinek sei, die er inzwischen in eine „fm Beteiligungsgesellschaft“ verändert habe, so die Unterlagen. Dies wurde im Ministerium kritisch gesehen, ebenso, dass nach seinem Konzept die privatisierte BBG neue Geschäftsfelder - anders als die Wolfener – vor allem im Immobilienmanagement „öffentlicher Gebietskörperschaften“ suchte. So meldete TVF Interesse an, die Fortführung der Liquidation der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zu übernehmen.

Manches verraten Akten nicht, etwa, wer und wann handschriftlich die TVF-Kalkulation für den BBG-Kauf, säuberlich abgeheftet, auf lose Blätter „Lotto Brandenburg“ schrieb. Oder, ob und wie Minister Speer, dessen grünes Kürzel fast nirgendwo auftaucht, mündlich über die Hintergründe informiert war. Um so häufiger aber findet man – wie bei jeder Affäre des Finanzministeriums, ob LEG oder Bodenreform – den markanten braunen Schriftzug des damaligen Abteilungsleiters Helmuth B. Der Untersuchungsausschuss hat noch einiges zu tun.

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