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Von Alexander Fröhlich: Die Angst vor den neuen Seebesitzern

Die Petition gegen die Seenprivatisierung in Ostdeutschland hat zu wenige Unterstützer

Stand:

Zossen/Potsdam – Keinen durchschlagende Erfolg haben die Initiatoren einer Petition gegen die Privatisierung Brandenburger Seen. Die Internet-Eingabe beim Bundestag erreichte bis zum Freitag nicht die nötigen 50 000 Stimmen. Am Abend lief die Frist für Mitzeichner ab, knapp 27000 waren es.

Gestartet hat sie, wie berichtet, Carsten Preuß, parteiloser Fraktionschef der Linken in der Stadtverordnetenversammlung von Zossen (Teltow-Fläming), bereits am 11. Juni. Bundestagsabgeordnete, eine Bürgerinitiative und Seeanrainer im ganzen Land unterstützen ihn. Preuß ist dennoch zufrieden: „Die Petition wird behandelt, egal wie viele unterzeichnet haben. Aber je mehr dabei sind, desto ernster wird der Bundestag die Sache behandeln.“

Konkret geht es um den Mellensee bei Zossen und andere kleinere Gewässer rundherum. Vor einem Jahr hat das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen den 270 Hektar großen Mellensee dem Land Brandenburg als Verwaltungsvermögen zugeschlagen. Dagegen klagt eine andere Bundesbehörde: Die Bodenverwertungs- und –verwaltungs GmbH (BVVG) will den See im Auftrag des Bundesfinanzministerium verkaufen. BVVG-Sprecherin Andrea Hubatschek sagt, das Land habe den Mellensee für sich beansprucht, weil es sich um eine Landeswasserstraße handle. „Wir sind aber der Meinung, dass der See bis zur Wiedervereinigung für Fischerei genutzt wurde.“ Da das Bundesunternehmen für die Vermarktung früherer Agrarflächen in Volkseigentum zuständig ist, will sie nun auch den Mellensee haben. Diese auf dem Einigungsvertrag beruhende Praxis will Preuß ändern lassen, vielmehr sollen die Seen kostenlos an Länder und Gemeinden gehen.

„Wir bieten das Gewässer vorrangig der Kommune an“, sagte Hubatschek. Lehnt die Gemeinde ab, werde der Inhaber der Fischereirechte gefragt, erst zum Schluss werde der See öffentlich ausgeschrieben. Für Frank Broshog, parteiloser Bürgermeister der Gemeinde Am Mellensee, geht dieses Vorgehen an der Praxis vorbei: „Als hoch verschuldete Gemeinde sind wir nicht in der Lage den See zu kaufen.“ Der Preis belaufe sich auf rund 440 000 Euro. Auch der Annahme, hier werde Fischerei in großem Stil betrieben, widersprach Broshog: „Es gibt schon Beschlüsse aus dem Jahr 1978, wo der Mellensee als Erholungsgewässer vorgeschrieben war.“ Der neuen Wassersportentwicklungsplan des Landes sehe zudem den Bau eines Liegeplatzes für Wasserwanderer vor. „Wenn der See privat wird, müssen wir für die Steganlagen die Erlaubnis des Eigentümers haben“, erklärte der Bürgermeister.

Das will Carsten Preuß mit seiner Petition verhindern. „Es besteht immer das Risiko, dass so etwas passiert wie am Wandlitzsee. Wir wollen die Sache so regeln, dass die Seen im Allgemeingut verbleiben.“ Baden, angeln, segeln – Preuß befürchtet, dass alles schwieriger oder verboten wird. Wandlitz im Barnim gilt als Schreckgespenst, dass nun im Land umzugehen droht. Für mehr als 400 000 Euro hatte die BVVG den See im Jahr 2003 verkauft. Der neue Eigentümer bat Anlieger für Stege am See zur Kasse.

Derzeit verhandelt die BVVG auch mit Potsdam über den Fahrländer See, der Preis dürfte ähnlich hoch wie beim Mellensee sein. Auch den Schulzensee bei Fürstenberg/Havel (Oberhavel) samt umliegender Wald- und Agrarflächen will die BVVG verkaufen, hier sind es 30 Hektar.

Nun will der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Brandenburger Seen mit einem „100-Seen-Programm“ vor dem Verkauf an Privateigentümer schützen und dort Naturschutz entwickeln. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat neben der Online-Petition rund 7000 Unterschriften auf Papier gesammelt, nun will der Verband weiter die Listen herumreichen.

Neue Wege geht da der Kreis Oberhavel, einen Grundsatzbeschluss des Kreistags gibt es schon. Sollte ein See zum Verkauf stehen, will der Kreis zuschlagen – um die touristische Infrastruktur zu erhalten. Auch Wälder sollen angekauft werden. Denn der Kreis will die Energieversorgung für seine Häuser auf Holzpellets umstellen.

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