Brandenburg: Die FDP geht, die AfD kommt
Die Landtagswahl läuft auf ein Duell von SPD und CDU hinaus. Die Genossen setzen ganz auf die Popularität von Dietmar Woidke
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Potsdam - Einfach weg. Diesmal sind sie ganz verschwunden von der Politik-Landkarte Brandenburgs. Mit FDP-Parteichef Gregor Beyer kann man mittlerweile fast Mitleid haben. Er hat sich ein dickes Fell zugelegt, ist stoisch geworden, den Sinkflug seiner Partei kommentieren zu müssen. Und jedes Mal kam es dann noch schlimmer. Das hielt ihn jüngst nicht davon ab, oder bewog ihn dazu, in Eberswalde bei der Kommunalwahl Großplakate mit seinem Konterfei und diesem Spruch aufzustellen: „Liberal aber sexy“. Aber selbst das nützt den Liberalen offenbar nichts.
In drei Monaten wird in Brandenburg gewählt. Doch nach der aktuellen Umfrage, die das Institut Infratest dimap im Auftrag der MOZ und des RBB-Fernsehens unter tausend Wahlberechtigten machte, sind die Liberalen die Verlierer schlechthin. Die FDP-Werte sind diesmal so gering, dass sie „statistisch nicht mehr auswertbar“ waren. Doch Beyer, der am Mittwoch zehntausend Aale im Werbelinsee aussetzen half, was zur inneren Erbauung beitrug, gibt die Hoffnung nicht auf. „Mit weißen Fahnen haben wir nichts am Hut. Wir kämpfen weiter. Abgerechnet wird zum Schluss.“
Es sieht so aus, dass die einen gehen, die anderen kommen. Die Alternative für Deutschland (AfD), die in Brandenburg vom Publizisten und früheren CDU-Mitglied Alexander Gauland geführt wird, wäre mit sechs Prozent im Parlament. Wie auch die Grünen wieder, die ebenfalls bei sechs Prozent liegen. Allerdings, beide sind nur knapp über der Fünf–Prozent–Hürde, die man für den Sprung in den Landtag schaffen muss. In Brandenburg ist das nicht viel.
Bei den „großen“ Parteien bleibt es beim Auf und Ab der letzten Monate, ohne große Verschiebungen und Erschütterungen. Aber selbst das ist in Brandenburg, wo früher einmal die SPD alles dominierte, spannend genug. SPD und CDU liefern sich weiter ein knappes Rennen – was wohl bis zum 14.September so bleiben wird. Die SPD, die die Bundestags- und Kommunalwahl verlor, die Europawahl aber gewann, liegt jetzt wieder vorn. Der Vorsprung ist nicht groß, die SPD hat 30 Prozent, die Union 28 Prozent, während die Linken mit 23 Prozent auf Platz Drei liegen. Was folgt daraus für die Brandenburg-Wahl?
Die Sozialdemokraten, geführt von Parteichef und Ministerpräsident Dietmar Woidke, geben sich auffällig entspannt. Kein Vergleich zur Zeit nach dem Rücktritt Platzecks. Das liegt weniger an den SPD-Werten, sondern vor allem an der Bekanntheit und Popularität Woidkes, der es schneller geschafft hat als von der SPD erhofft, die Kontrahenten weit abzuhängen.
Vor einem Jahr war er im Lande noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Heute kennen Woidke nur 16 Prozent der Brandenburger nicht. 59 Prozent sind zufrieden, wie er sein Amt ausübt. Und die Brandenburger orientieren sich im Wahlverhalten nach allen Erfahrungen zuerst an Personen. Nach Woidke kommt erst einmal eine ganze Weile nichts, ehe Christian Görke folgt, Linke-Spitzenkandidat, Parteichef und Finanzminister, den 51 Prozent nicht kennen (Zufriedenheitsgrad: 24 Prozent).
Dritter ist CDU-Parteichef Michael Schierack, der Woidke-Herausforderer, mit dem 56 Prozent der Brandenburger nichts anfangen können, 16 Prozent zufrieden sind. Deshalb ist die SPD optimistisch, dass die ausgefeilte und erprobte Personality-Strategie, alles im Wahlkampf auf die Nummer Eins auszurichten, wieder aufgeht - wie einst bei Manfred Stolpe und Matthias Platzeck. „Wir haben jetzt eine gute Grundlage, einen personalisierten Wahlkampf zu machen. Wir wollen auf die 30 Prozent noch etwas drauflegen“, sagte prompt SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz. Dass im Lande kein Wechsel gewollt sei, zeige auch die gewachsene Zustimmung mit der rot-roten Regierung. Das sei am Ende einer Legislatur ja nicht immer so. Tatsächlich sind 56 Prozent der Brandenburger mit dem rot-roten Regierungsbündnis zufrieden.
Den Wert kann sich CDU-Chef Michael Schierack zwar nicht recht erklären. Insgesamt sieht er sich mit dem Aufwind der Union bestätigt. So gut wie jetzt stand die CDU kaum einmal da seit 1990. „Es wird knapp, wir setzen auf Sieg“, sagt Schierack. Dass er als Spitzenkandidat ziemlich wenig bekannt ist, nimmt er gelassen. „Entscheidend sind die Parteiwerte. Andersherum wäre es schlimmer“, sagt Schierack. Besonders freut ihn, dass die Union bei der Inneren Sicherheit, bei der Frage, wem die Märker die größte Kompetenz zuschreiben, vor der SPD liegt. Hauptziel bleibe, Rot-Rot zu beenden. Er weist darauf hin, dass es bei Bundestags-, Europa- und Kommunalwahl bereits nicht für eine Mehrheit von Rot-Rot gereicht hat. Aktuell wären es 53 Prozent.
Und viel weniger dürfen es nicht werden, wenn die Linken weiter mitregieren wollen. Mit den aktuellen 23 Prozent – das Wahlziel sind 25 Prozent plus x – können auch die Linken gut leben. Und wie verlässlich sie als Koalitionspartner sind, haben sie Woidke ja gerade bei der Tagebau-Entscheidung zu Welzow gezeigt.
nbsp;Thorsten Metzner
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