Von Alexander Fröhlich: Die Kontrolle fehlte
Die Staatsanwälte finden Fehler im Betriebssystem
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Potsdam/Neuruppin - Es war die Urlaubsfahrt mit dem Allrad-BMW in den Skiurlaub, sonst wäre Holger Rupprecht (SPD) wohl noch Bildungsminister in Brandenburg. Hätte er nicht die von der BMW-Niederlassung Berlin kostenlos bereitgestellte Luxuskarosse 740d xDrive für die Fahrt nach Österreich genommen, sondern seinen üblichen Dienstwagen mit Heckantrieb, SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck hätte sich die Umbildung seines Kabinetts sparen können.
Es kam anders. Das RBB-Magazin Klartext berichtete vor acht Tagen darüber, die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin zog den Fall an sich, gestern stellte sie Rupprechts – geringe – Schuld fest, der 58-Jährige zahlte etwa 12 000 Euro (etwas mehr als sein monatlichen Bruttogehalt), sein Fahrer ein Viertel seines Monatsgehalts an gemeinnützige Organisationen.
Aber was die Ermittler herausfanden, war nicht einfach nur „dumm und blöd“, wie es Rupprecht eingestanden hatte. Es waren auch Fehler im System, die den Vorfall erst ermöglicht haben.
Rupprecht hatte sich vom 17. Dezember bis 3. Januar die Limousine von BWM zur Verfügung stellen lassen – „für den Winterurlaub“, auch „um zu testen, welche Vorzüge ein Allradwagen als nächster Dienstwagen hat“, besonders bei winterlichen Verhältnissen und im Vergleich zum Heckantrieb-Wagen. Rupprechts Fahrer, der alle Angelegenheiten mit der BMW-Niederlassung und dem für den Regierungsfuhrpark zuständigen Landesbetrieb BLB regelte, tauschte den Dienstwagen gegen die Allrad-Karosse, ohne den BLB darüber zu informieren. Er unterschrieb auch den Nutzungsvertrag mit BMW. Nach Rupprechts Rückkehr aus Österreich legte der Fahrer ein extra angelegtes Fahrtenbuch beim BLB vor, damit dieser für Rupprecht den geldwerten Vorteil errechnen kann. Der Landesbetrieb lehnte das ab – weil es weder ein Dienstwagen noch ein wie üblich über den BLB vermittelter Probewagen war.
Nach Ansicht der Ermittler hätten die 800 gefahrenen Kilometer in der Zeit vom 17. Dezember bis zum Urlaubbeginn am 26. Dezember ausgereicht – für den Vergleich zwischen Allrad und Heckantrieb auf winterlichen Straßen. Die Fahrt in den Urlaub war eine Vorteilsannahme. Das Gegenstück – die Vorteilsgewährung – fanden die Ermittler bei BMW. Die Niederlassung Berlin hatte bereits den vorhandenen und vorhergehenden Dienstwagen Rupprechts über Leasingverträge geliefert – deshalb wurde „auf das an sich unumgängliche Nutzungsentgelt für die Urlaubsfahrt mutmaßlich verzichtet“, so die Staatsanwaltschaft in einer Erklärung. Das mutmaßliche Ziel: Rupprecht „für weitere Geschäftsbeziehungen mit BMW und dem Autohaus geneigt zu machen“. Das Verfahren gegen verantwortliche Mitarbeiter von BMW ist von diesem Fall abgetrennt worden und läuft weiter.
Rupprecht und der Fahrer handelten aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht im Bewusstsein, sich strafbar gemacht zu haben. Für Arglosigkeit spreche das geführte Sonderfahrtenbuch. Allerdings stellten die Korruptions-Ermittler auch fest, dass Rupprecht es seinem Fahrer überließ, alle Absprachen rund um Dienstwagen und Probefahrten zu treffen – „was nicht unüblich zu sein scheint“. Jedenfalls hält die Staatsanwaltschaft beiden zugute, „dass die Kontroll- und Sanktionsmechanismen bei an sich unzulässigem, eigeninitiativem Verhalten von Kraftfahren nicht sonderlich ausgeprägt waren“. Dadurch sei die „Umgehung des zuständigen BLB“ leicht gemacht worden.
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