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„Die Kraniche fallen im Flug vom Himmel“: Vogelgrippe in Brandenburg breitet sich aus
Naturschützern sammeln in Linum hunderte, tote Vögel ein. Nutztierbetrieben sorgen sich vor Ansteckungen: Die Vogelgrippe und die Folgen für Brandenburg
Stand:
Die Kraniche fallen tatsächlich im Flug vom Himmel.“ Mit diesen Worten beschreibt Malte Voigts, Betriebsleiter des Spargelhofs Kremmen (Oberhavel), die Auswirkungen der Vogelgrippe. 5000 Gänse mussten deshalb getötet werden.
Allein an den überregional bekannten Linumer Teichen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin haben Naturschützer mehrere hundert, am H5N1-Virus verendete Kraniche eingesammelt. Das NABU-Zentrum „Storchenschmiede“ in Linum hat bis auf Weiteres alle Führungen abgesagt.
Führungen abgesagt
„Uns erreichen zudem Meldungen über zahlreiche weitere tote Wildvögel aus verschiedenen Regionen des Landes, wie an Vogelsammel- und Rastplätzen in Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Potsdam-Mittelmark“, sagte ein Sprecher des Brandenburger Umweltministeriums.
Es schmerzt, die Tiere dort sterben und tot liegen zu sehen.
Björn Ellner, NABU-Landesvorsitzender
Eine Bestätigung, dass sie auch am H5N1-Virus verendet seien, liege noch nicht vor. Fakt sei, dass das Virus im Wildtierbestand angekommen ist. Dadurch könne das Geschehen eine neue Dynamik erhalten, die man nicht abschätzen könne: Denn der Vogelzug sei vom Menschen nicht beeinflussbar.

© dpa/Fabian Sommer
Das Einzige, was Naturschützer derzeit tun können, ist das Einsammeln von toten Vögeln. „Es schmerzt, die Tiere dort sterben und tot liegen zu sehen“, sagt der NABU-Landesvorsitzende, Björn Ellner. Doch den Kranichbeständen in der Mark geht es relativ gut.
Angst um Großtrappen
Ellner sorgt sich mehr um andere Arten: „Die Großtrappen im Havelland sind nicht so weit von Linum entfernt.“ Diese Art gebe es so in Deutschland kein zweites Mal. „Bei seltenen Arten kann die Vogelgrippe sogar zu Aussterbeerscheinungen führen“, sagt Ellner. Doch gegen das Virus sind die Umweltschützer machtlos. „Das Einzige, was der Mensch machen kann, ist zu verhindern, dass sich Wild- und Haustiere gegenseitig anstecken.“
Solche Vorkehrungen werden in Brandenburg gerade ergriffen. Rund um die betroffenen Tierhaltungen richten die Landkreise drei Kilometer umfassende Schutz- und Zehn-Kilometer-Überwachungszone ein. Hierher darf Geflügel nicht transportier und muss im Stall bleiben. Zudem gebe es tägliche Kontrollen.
Allen Nutztierhaltern im Land empfiehlt das Ministerium, jeden direkten oder indirekten Kontakt von gehaltenem Geflügel mit Wildvögeln zu vermeiden. Wildvögel sollten von Futter und Einstreu ferngehalten werden. Zuchttiere dürfen nicht mit Oberflächenwasser getränkt werden, zu dem Wildvögel Zugang haben.
Auch der Personenverkehr auf den Höfen sollte möglichst eingeschränkt werden. Bei unklaren Krankheits- und Todesfällen bei Geflügel seien die zuständigen Veterinärämter unverzüglich zu informieren. „Wenn Privatpersonen tote Vögel finden, gilt: Auf keinen Fall anfassen, sondern den Fund unverzüglich den zuständigen Veterinärbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte melden“, so der Behördensprecher.
Sorgen bei Geflügelzüchtern
Stark von den Maßnahmen betroffen sind auch Brandenburgs Rassegeflügelzüchter. Ihre für Anfang November geplante Landesschau, die im Havelland stattfinden sollte, muss in diesem Jahr ausfallen. „Dort ist alles mit der Vogelgrippe verseucht“, sagt der erste Vorsitzende des Landesverbands der Rassegeflügelzüchter Berlin und Brandenburg, Wilfried Keil aus Bad Freienwalde. „Und die Seuche nimmt noch zu.“
Die Konsequenz für die privaten Tierhalter: Die Tiere müssen im Stall bleiben. „Und man sollte auch keine Fremden mehr in seine Anlage lassen, damit niemand durch einen unglücklichen Zufall das Virus in den Bestand einträgt.“ Für das Verbandsleben der Rassegeflügelzüchter sei die aktuelle Situation aber „ein Schlag ins Genick.“ Keil befürchtet, dass künftig weniger Tiere gezogen würden. „Es besteht die Gefahr, dass seltene Rassen aussterben“, so Keil, „weil niemand sie weiterzüchtet.“
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