Brandenburg: Die Lockrufe
Brandenburg braucht neue Lehrer und Mediziner. Jetzt startet das Land eine bundesweite Werbekampagne, um noch 2014 tausend Pädagogen einzustellen. Und die Charité schickt nun doch weiter Arzt-Azubis an Lehrkrankenhäuser in der Mark
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Potsdam - Sie studiert Medizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Doch ihr „praktisches Jahr“ (PJ), mit dem angehende Ärzte ihr Studium beenden, absolviert Konstanze Braun am Sankt-Josefs-Krankenhaus in Potsdam, einem von elf brandenburgischen akademischen Lehrkrankenhäusern der Berliner Charité. Auf einer Pressekonferenz in Potsdam, auf der es um die Zukunft dieser Ausbildungs-Krankenhäuser in der Mark ging, schwärmte die 32-Jährige in den höchsten Tönen über das Praxisjahr. „Ich durfte alles sehen. Das Personal ist unbeschreiblich nett. Ich war in Großstädten, da ist der Ton anders“, erzählte Braun. Am „Josefs“ werde sehr darauf geachtet, „dass wir etwas lernen, nicht dazu da sind, um zu entlasten“, nur Blutabnahmedienst zu sein.
Voriges Jahr schien das Aus für die akademischen Lehrkrankenhäuser in Brandenburg zu drohen. Doch nun steht fest, dass aus Berlin weiter Ärzte-Azubis nach Brandenburg geschickt werden. Charité und Brandenburg, das war der Anlass der Pressekonferenz, haben den Streit um die Ärzte-Ausbildung an märkischen Krankenhäusern beigelegt. Die Kooperationsverträge mit elf brandenburgischen Lehrkrankenhäusern seien jetzt erneuert worden, teilten Charité-Vorstandschef Karl Max Einhäupl und Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) mit. In Kürze komme mit dem Krankenhaus Nauen ein zwölftes Lehrkrankenhaus hinzu. Nach Worten von Tack verspricht sich Brandenburg, das keine eigene Medizin-Fakultät hat, von der „strategischen Kooperation“ mit der Charité spürbare Effekte für die Gewinnung dringend benötigter Fachärzte für seine insgesamt 53 Krankenhäuser.
Das praktische Jahr (PJ) wie Konstanze Braun absolvieren jährlich 600 angehende Mediziner am Ende ihrer Charité-Ausbildung in einem Krankenhaus, und zwar an 34 Berliner und an bislang elf Häusern in Brandenburg. Dort machen derzeit einhundert Studenten ihr PJ, am Potsdamer Josefs-Krankenhaus sind es fünf. Brandenburg hofft dabei auf den „Klebeeffekt“, dass Praktikumsärzte auch längerfristig im Land bleiben. Bei jedem zehnten ist das der Fall, berichtete Detlef Troppens, Vorstandschef der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburgs und Geschäftsführer der Oberhavel-Klinik GmbH.
Letztes Jahr war es zum Eklat gekommen, als die Charité ohne Vorwarnung die Verträge mit Brandenburgs Häusern kündigte. Das löste Verwicklungen und Ängste vor einem generellen Rückzug aus dem Land aus. Neue Verträge seien allein aus rechtlichen Gründen nötig, sagte Einhäupl nun. „Es war eine Kommunikationspanne. Das tut mir leid. Wir hatten nie die Absicht, Brandenburg aus der Lehre zu drängen.“ Ministerin Tack habe jedenfalls „sehr energisch“ mit ihm telefoniert, manchmal auch „genervt“.
Der Konflikt trug dazu bei, dass es in Brandenburg erneut Versuche zum Aufbau eines eigenen Universitätsklinikums im Land gibt, die bislang am Veto der Landesregierung und dem fehlenden grünen Licht des Wissenschaftsrates scheitern. Auch Einhäupl riet dringend davon ab. Privat sei eine Uni-Klinik nicht zu finanzieren, sagte er. Und sonst gehe es nur mit Landeszuschüssen von 70 bis 240 Millionen Euro pro Jahr. „Lassen Sie die Finger davon!“
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