Brandenburg: Die nächste Verspätung am BER
Am Flughafen sollte bis Juli 2016 alles fertiggebaut sein – daraus wird nichts. Und das ist nicht das einzige Thema auf der heutigen Aufsichtsratssitzung
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Am Flughafen BER werden die Rückstände größer. Wenn der Aufsichtsrat unter Vorsitz des Regierenden Michael Müller (SPD) heute in Tegel erstmals in diesem Jahr tagt, stehen diverse Verzögerungen auf der Tagesordnung – auf der BER-Baustelle, beim geplanten Interims-Regierungsflughafen und bei den geplanten Erweiterungsprovisorien für den zu kleinen BER. Und da ist noch der neue Rechnungshofbericht. Ein Überblick.
BER-ERÖFFNUNG DOCH ERST 2018?
Ein BER-Start bis Ende 2017 wird immer unwahrscheinlicher. Nach PNN-Recherchen wächst der Rückstand von drei bis vier Monaten (2015) auf ein halbes Jahr. Zwar gibt sich Flughafenchef Karsten Mühlenfeld optimistisch, 2017 zu halten. Doch der erst am 18. Dezember 2015 vom Aufsichtsrat beschlossene, schon damals enge Terminplan ist Makulatur – wegen neuer Rückstände. Die Bauarbeiten am BER sollten danach bis „Juli 2016“ (vorher: März 2016) fertig sein. Das ist nicht zu halten, da man die Bauanträge nicht pünktlich einreichte. Statt am 31. Januar soll der fünfte Nachtrag zur Baugenehmigung in der dritten Februar-Woche an die Behörde gehen. Das ist sogar sieben Monate später, als 2014/15 dafür kalkuliert war. „Die Genehmigung des fünften Nachtrages ist für April vorgesehen“, sagt Dahme-Spreewald-Landrat Stephan Loge (SPD) dieser Zeitung. Erst danach können der Umbau der Entrauchungsanlage beginnen und der letzte Nachtrag bearbeitet werden: 50 Ordner mit 10 000 Seiten. Die Unterlagen für den sechsten Nachtrag sind laut Loge „für Anfang Mai avisiert“. Dann werde die Behörde „die letzte Baugenehmigung bis spätestens Juli 2016 erteilen können.“ Da sollte eigentlich alles fertig sein. Nach dem Bau folgen Abnahmen, Systemtests und Probebetrieb. Beim Nordpier, dem einfachsten Gebäude, vergingen von „Fertigstellungsanzeige“ bis Abnahme sechs Monate. Andererseits bescheinigt Loge Mühlenfeld und Technikchef Jörg Marks professionelleres, konzentrierteres Management als den Vorgängern. Und er signalisiert auch „mögliche Teilfreigaben“, unter Bedingungen: „Es muss funktionieren. Es muss sicher sein.“ Die Entscheidung, ob alles auf 2018 verschoben wird, fällt der Aufsichtsrat frühestens im April.
BER-RECHNUNGSHOFBERICHT
Brandenburgs Rechnungshof hat in seinem von dieser Zeitung veröffentlichten Prüfbericht dem Alt-Aufsichtsrat unter den Länderchefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) Versagen attestiert – und eine BER-Reform ohne Spitzenpolitiker im Gremium gefordert. Doch nun bekommt der Regierende und Aufsichtsratschef Müller vom Berliner Rechnungshof Rückendeckung. Die Befunde der Brandenburger stellen die Berliner nicht in Frage. „Der damalige Aufsichtsrat hat seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrgenommen. Da gibt es nichts zu beschönigen“, sagt Präsidentin Marion Claßen-Beblo. Gleichwohl ist sie dagegen, die Haftungsprüfung gegen den Alt-Aufsichtsrat neu aufzurollen, wegen des hohen Aufwandes bei geringen Erfolgsaussichten. Vor allem hält Berlins Rechnungshof weiter nichts davon, Politiker aus dem Aufsichtsrat abzuziehen. „Unsere Bewertung ist eine andere“, sagte Claßen-Beblo. „Dass alles besser wird, wenn die Politiker alle heraus gehen, kann ich nicht nachvollziehen. Entscheidend ist, dass die Kontrolle gut funktioniert. Da ist die Betrachtungsweise des brandenburgischen Hofes doch eine sehr theoretische.“ Schließlich gebe es seit 2013 Verbesserungen – etwa mit der Task Force BER im Roten Rathaus. „Neue Unruhe“ um Strukturen sei für das Projekt nicht hilfreich. Dass Berlins Hof nicht selbst prüfte, erklärte sie damit, dass das Abgeordnetenhaus schneller war, als es 2012 den Untersuchungsausschuss einsetzte. „In solchen Fällen ist es eine grundsätzliche Haltung, nicht parallel zu prüfen.“
MILLIONEN FÜR DIE DEUTSCHE BAHN
Spätfolgen der abgesagten BER-Eröffnung 2012 sind im Aufsichtsrat wieder Thema. Die Deutsche Bahn AG fordert für entgangene Gewinne und entstandene Kosten – es rollen leere Züge Tag für den Tag in den Bahnhof, damit die Luft nicht steht – rund 70 Millionen Euro und droht mit Klage. Der Aufsichtsrat wird wohl seine Zustimmung geben für Vergleichsverhandlungen, die Bahn könnte einen einstelligen Millionenbetrag erhalten. Es wäre die bisher höchste Entschädigung am BER. Allerdings zahlte allein die Haftpflichtversicherung von Ex-Geschäftsführer Rainer Schwarz für dessen Missmanagement an den Flughafen zwölf Millionen Euro. Thorsten Metzner
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