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Brandenburg: „Die Rolle eines Uhus will ich nicht“ Das Kürzertreten hat nicht geklappt. Nun zieht sich Brandenburgs Ex-Regierungschef Matthias Platzeck

doch komplett aus der Politik zurück

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Potsdam - Nun gehter also doch so ganz. Brandenburgs Alt-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der Ende August nach elfjähriger Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen abgetreten war, zieht sich aus der Landespolitik bald völlig zurück. Er werde doch nicht bei der Landtagswahl im Herbst 2014 für den Landtag kandidieren, sagte der 59-jährige Platzeck am Dienstag vor Journalisten in Potsdam. Die SPD-Landtagsfraktion, die er zuvor über seine Entscheidung informierte, reagierte mit Verständnis und Bedauern.

Er habe die Zeit seit seinem Rücktritt noch einmal genutzt, „um über das Leben nachzudenken“, erklärte Platzeck, der die laufende Legislaturperiode als Abgeordneter regulär zu Ende bringen will. „Ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass man einen Schritt auch komplett gehen sollte.“ Ursprünglich hatte er angekündigt, erneut für den Landtag zu kandidierten. Und zwar in seinem Wahlkreis in der Uckermark, wo ihn der SPD-Unterbezirk bereits nominiert hatte. Im Landtag war Platzeck als künftiger Landtagspräsident im Gespräch, was aus seiner Sicht nach dann 24 Jahren aber erstmals eine Frau übernehmen sollte.

Dass er selbst nicht mehr in den Landtag will, hat nach seinen Worten verschiedene Gründe. Der wichtigste: „Ich will das Feld für meinen Nachfolger komplett frei machen. Ich will nicht in die Rolle eines Uhus kommen, der auf dem Ast sitzt und alles besser weiß.“ Er sei zur Erkenntnis gekommen, dass es zwangsläufig so gekommen wäre, wenn er nach 23-jähriger Amtszeit in exekutiven Funktionen, von 1990 bis 1998 als Umweltminister, von 1998 bis 2002 als Oberbürgermeister Potsdams und seitdem als Ministerpräsident, im Parlament als Abgeordneter wirken würde.

Indirekt gestand Platzeck damit ein, dass die angekündigte Landtagskandidatur und die Nominierung in den emotionalen Wochen seines bereits eingeräumten inneren Ringens vorschnell erfolgten. Zudem gab es inzwischen erneute gesundheitliche Warnsignale. Entgegen seines Vorsatzes hatte Platezck sein Arbeitspensum kaum heruntergefahren, war in verschiedenen Funktionen aktiv. „Ich war weiterhin sechs Tage die Woche weg.“ Die Quittung folgte. Kurz vor dem SPD-Landesparteitag in Potsdam war Platzeck erkrankt, Erkältung plus Kreislaufprobleme, eine erneute „Wegzeigung“, wie er sagte.

Platzeck, dessen Wesen etwas Rastloses hat, nimmt erneut Anlauf, kürzerzutreten. Untätig bleiben will er nicht, auch wenn er Ende Dezember 60 Jahre alt wird und die Grenze der vorzeitigen Pensionierung ohnehin erreicht hat. Er hat sich einiges vorgenommen. Er will sich ehrenamtlich engagieren, als Schirmherr sozialer Stiftungen wie „Familie in Not“ und „Multiple Sklerose“, auch im Babelsberger Oberlinhaus, einer diakonischen Einrichtung, sowie der Flick-Stiftung.

Er wolle weiter in der „Jerusalem Foundation“ aktiv bleiben und sich auch „seiner Leidenschaft für Mittel- und Osteuropa“ widmen. Konkret heißt das, dass er sich im Deutsch-Russischen Forum engagieren wird, das etwa die Reihe „Petersburger Dialog“ für verbesserte deutsch-russische Beziehungen veranstaltet. Außerdem gehe er in den Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung, Vorsitzender ist Kurt Beck, wo sich Platzeck ebenfalls um Osteuropa kümmern will.

Zunächst einmal aber wird das neue Haus im Dörfchen Gerswalde in der Uckermark gebaut, das im Frühjahr fertig werden soll. „Ich bleibe im Lande“, sagt Platzeck. „Ich werde Pendler“. Und seine Frau Jeannette sowieso, die im Potsdamer Rathaus arbeitet. Trotzdem ist es auch ein Rückzug aus seiner Potsdamer Heimatstadt, wo Platzecks die Wohnung in Babelsberg behalten. „Ich werde in der Uckermark viel Zeit verbringen, mehr als hier. Das wird meine Wahlheimat.“

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