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Ungenauigkeiten.Minister und Staatssekretäre in Brandenburg müssen möglicherweise wegen nicht korrekt geführter Fahrtenbücher Steuern nachzahlen.

© T. Kleinschmidt/dpa

Brandenburg: Die schludrig geführten Fahrtenbücher der Minister

Das Finanzministerium stößt bei einer Prüfung auf Lücken – einige Regierungsmitglieder werden jetzt zur Kasse gebeten

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Potsdam - Es ist eine endlose Geschichte: Brandenburgs Minister und ihre Dienstwagen. Jetzt hat das Finanzministerium ein neues Kapitel aufgegeschlagen. Erstmals seit 1990 wurden die Fahrtenbücher von Ministern und Staatssekretären geprüft. Das Ergebnis: Die in diesem Jahr erstellten Bücher wurden ungenau und etwas schludrig geführt. Deshalb wurde die Zentrale Bezügestelle Brandenburg eingeschaltet, die den Regierungsmitgliedern nun zu viel ausgezahlte Beträge vom Gehalt abzieht. Möglicherweise müssen sie für die Vorjahre sogar Tausende Euro Steuern nachzahlen.

Finanzminister Helmut Markov (Linke) sagte am Donnerstag in Potsdam, sein Ressort habe alle Bücher des laufenden Jahres geprüft und sei dabei auf Ungenauigkeiten und unzureichende Begründungen bei den Angaben zum Zweck dienstlicher Fahrten gestoßen. Die Dokumentation der Dienstfahrten entspreche nicht in allen Fällen den lohnsteuerrechtlichen Erfordernissen, sagte Markov. Es reiche demnach nicht aus, wenn im Fahrtenbuch als Reiseziel „Bundestag, Berlin“ vermerkt werd. Dazu gehöre nach den steuerrechtlichen Vorschriften auch die Benennung des Reisegrundes, zum Beispiel die Teilnahme an einer Bundestagssitzung.

In der Landeshauptstadt kursierende Gerüchte, wonach nun auf die Minister und Staatssekretäre finanzielle Nachforderungen im vier- und fünfstelligen Bereich zukommen, wollte das Finanzministerium nicht bestätigen. „Angaben zu einzelnen Personen oder über die Höhe einzelner Steuernachforderungen können und dürfen nicht gemacht werden, denn diese Angaben unterliegen dem Steuergeheimnis“, sagte Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern. Nachdem die Prüfer die ersten Lücken in den Fahrtenbüchern festgestellt haben, haben sie sich die Unterlagen noch einmal genauer angeschaut – nämlich die Terminkalender der Minister und Staatssekretäre. Das Ergebnis ist aber sogar eine gute Nachricht: Es konnte „zweifelsfrei festgestellt werden, dass es keine unzulässige Vermengung von Dienst- und Privatfahrten gab“, teilte das Ministerium mit. Die in den Fahrtenbüchern vermerkten Dienstfahrten waren auch tatsächlich welche. Es habe „eine absolute Trennung“ gegeben, betonte Markov.

Überraschend ist, dass die Prüfung erstmals vorgenommen wurde. Nach Mängeln in den Fahrtenbüchern dieses Jahres lässt Markov derzeit auch die Unterlagen der vergangenen Jahre durchsehen. Wegen der geltenden fünfjährigen Verjährungsfrist können aber die Fahrtenbücher ab dem Jahr 2007 überprüft werden. Sollten dabei Mängel festgestellt werden, wäre das ein Fall fürs Finanzamt, das dann die Steuerschuld eintreibt. Damit könnten auch frühere Regierungsmitglieder der rot-schwarzen Koalition betroffen sein.

Steuerrechtlich gibt es laut Finanzministerium zwei Möglichkeiten für die Abrechnung von Dienstfahrten: das Führen eines Fahrtenbuchs oder die sogenannte Ein-Prozent-Methode, bei der der Nutzer eines Wagens monatlich einen Prozent des Bruttolistenpreises inklusive Sonderausstattung zahlt. Wer ein Fahrtenbuch führt, kommt meist günstiger weg als mit der Ein-Prozent-Methode. Laut Dienstkraftfahrzeugrichtlinie des Landes dürfen Minister, Staatssekretäre und gleichgestellte Beamte ihren Dienstwagen uneingeschränkt nutzen. Sie können selbst entscheiden, nach welcher Methode sie Privatfahrten mit Dienstwagen abrechnen.

Nach Informationen der Märkischen Oderzeitung kämen nach dieser Regelung bis zu 900 Euro monatlich zusammen, während mit Fahrtenbüchern die Hälfte und weniger zu zahlen wären. Wenn das Finanzamt die Fahrtenbücher beanstandet, tritt automatisch die teurere Variante in Kraft.

Ein wenig pikant an der Sache ist aber etwas anderes. Denn es sind nicht die Minister selbst, die die Fahrtenbücher ausfüllen, sondern die persönlichen Fahrer, die zu ihren Chefs meist ein ganz besonders Vertrauensverhältnis haben. So war es auch bei Holger Rupprecht (SPD), dem früheren Bildungsminister. Er testete einen Luxus-BMW für eine Urlaubsfahrt nach Österreich. Rupprechts Fahrer, der alle Angelegenheiten mit der BMW-Niederlassung Berlin und dem für den Regierungsfuhrpark zuständigen Landesbetrieb BLB regelte, tauschte den alten Dienstwagen gegen die Allrad-Karosse, ohne den BLB darüber zu informieren. Er unterschrieb auch den Nutzungsvertrag mit BMW. Rupprecht aber musste deshalb zurücktreten.

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