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Echte Erfolgsstorys : Brandenburg startet Gründerkampagne
Der Generationswechsel naht. Bald werden in Brandenburg neue Chefs für 47 000 Firmen benötigt. Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) will zur Gründung ermuntern.
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Ihre Brandenburger Gründungsstory, die Firmenchefin Constanze Büchner mit Verve erzählte, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Ursprünglich habe sie mal Operngesang studiert, sie sei lange in der Kulturbranche tätig gewesen, sagte sie. „Ich habe mich trotzdem immer etwas eingeengt gefühlt. Es war mir zu wenig innovativ.“ Als dann in der Corona-Krise alle Veranstaltungen abgesagt wurden, sei das für sie genau der richtige Zeitpunkt gewesen, um sich selbstständig zu machen.
Also gründete Büchner damals zusammen mit einem Partner die Potsdamer Softwarefirma CrewLinQ, die über eine App das Dienstplan- und Ausfallmanagement in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besser auf die Wünsche der Pflegekräfte auszurichten hilft.
„Und kurz danach wurde ich schwanger“, sagte Büchner. Sie habe auf die Elternzeit verzichtet, das Baby überall hin mitgenommen, dann eben zwei Gründungen durchgezogen, die der Firma und die der Familie: „Meine Botschaft an Frauen, die hadern, die zweifeln: Beides ist möglich, auch gleichzeitig!“
Heute hat die Firma 13 Mitarbeiter und Büchner ist eins der Gesichter einer von Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) am Mittwoch in Potsdam vorgestellten neuen Kommunikationskampagne, die Brandenburg stärker als Gründungsland in den Fokus rücken soll. Und zwar unter dem Motto „LAUTER gute Gründe“.
„Klappern gehört ja zum Handwerk“, sagte Keller. Die Kampagne, seit Anfang März präsent in Regionalzügen, auf Großflächenplakaten, über Anzeigen in Tageszeitungen und Online, in sozialen Medien und Radiospots, setzt auf sechs erfolgreiche Gründer aus dem Land, auf ihre Erfahrungsberichte, auf die Ausstrahlung inspirierender Vorbilder. „Auf Authentizität“, wie Keller sagte.
Brandenburg sei schon jetzt das gründungsstärkste ostdeutsche Bundesland, verfüge über eine rege Gründer- und Startup-Szene, sagte der Minister. Und die Landeshauptstadt Potsdam sei auf Platz Drei eines Rankings der Top-10-Städte mit aktiven Startups. „Doch nichts ist so gut, dass es nicht besser werden könnte“, sagte Keller. „Es gilt, mehr Menschen dazu zu motivieren, unternehmerisch tätig zu werden.“
Eine neue Gründerzeit wird für das Land dringend nötig sein. Und zwar laut Keller auch wegen der „in sage und schreibe in 47 000 Unternehmen“ in den kommenden Jahren anstehenden Generationswechsel. Die Bedingungen für Gründungen sind laut nach seinen Worten im Land schon ziemlich ideal.
Brandenburg sei im Rahmen der vor zwei Jahren gestarteten Gründungsoffensive bei der Gründungsberatung sehr gut aufgestellt, mit einem System passgenauer Förderungen und Förderstrukturen, die die Kampagne bekannter machen will.
Aktuell würden im Land sechs neue Startup-Zentren vorbereitet, um dort zentriert zu beraten und „um chancenreiche Startups fit für den Weltmarkt zu machen“, sagte Keller. Die Ausschreibungen liefen, in Kürze würden Betreiber und Standorte bekannt gegeben. Was über Gründungen möglich ist, hatte 2021 das Potsdamer Startup Signavio gezeigt, dass vom SAP-Konzern für eine Milliarde Euro gekauft wurde.
Für den Potsdamer Gründer Benjamin Heese, ebenfalls ein Gesicht der Kampagne, begann alles bei einer Reise in die Bay Area von San Francisco, wo ihn ein Freund durch die Techkonzerne führte, von Google bis Apple. „Wenn man das einmal spürt, dann ist man angezündet“, sagte er. Er habe danach gewusst, dass er nicht mehr zu seinem Job bei einer Bank mehr zurückkehren würde.
Heese gründete Anfang 2019 - zusammen mit einem Partner - Sensit!, eine Softwarefirma mit Sitz in Potsdam-Babelsberg und aktuell 18 Mitarbeitern. Deren Produkt ist eine haptische Software, die Vibrationen auslöst, eingesetzt in der Gamingszene, aber auch in der aktuell krisengeschüttelten Automobilbranche.
Es sei unglaublich viel schiefgegangen, aber genau das gehöre dazu, sagte Heese. „Was Spaß macht: Es gibt für jedes Problem eine Lösung. Nicht immer eine gute, aber es gibt eine. Das war vorher nicht so.“ Den größten Unterschied zu den USA sieht er in einer anderen Kultur: „In den USA bin ich ein gefeierter Mann, wenn ich schon einmal gescheitert bin. Weil ich etwas gelernt habe“, antwortete Heese. „In Deutschland muss ich mich rechtfertigen, weil es nicht geklappt hat.“ Aber man lernt ja nichts, wenn es immer gut geht, „man lernt in schwierigen Phasen.“
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