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Wirrwarr um Förderbescheide. Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD), hier auf der Grünen Woche in Berlin, hat große Schwierigkeiten bei der Aufklärung der Affäre um pro agro.

© Robert Schlesinger/dpa

Brandenburg: Förderaffäre um Verband Pro Agro geht weiter: Ein Bescheid, zwei Geschäftszeichen

Vom Förderbescheid für pro agro gibt es zwei unterschiedliche Versionen, das brandenburgische Agrarministerium sieht darin allerdings kein Problem. Wurde einer manipuliert und die Öffentlichkeit bewusst getäuscht?

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Potsdam - Das von Jörg Vogelsänger (SPD) geführte brandenburgische Agrarministerium sieht kein Problem darin, dass in den vergangenen Wochen im Zuge der Förderaffäre um den Verband pro agro zwei unterschiedliche Versionen eines Förderbescheids präsentiert wurden. Auch den Vorwurf, Dokumente manipuliert zu haben, wies der Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade zurück. Doch entkräften konnte er den durch PNN-Recherchen im Raum stehenden Verdacht nicht.

Vogelsänger: Erst "Behördenfehler", dann "Büroversehen"

Vielmehr erhärtet sich sogar der Eindruck, dass offenbar versucht wurde, Öffentlichkeit und Landtag zu täuschen. Konkret geht es um einen vom Landesrechnungshof gerügten Vorgang, bei dem das Agrarministerium pro agro im Mai 2005 einen Vorschuss in Höhe von 250 000 Euro gewährte. Laut Landesrechnungshof datiert der Bescheid auf den 17. Mai 2005, obwohl ein offizieller Antrag erst am 19. Mai beim Ministerium einging. Vogelsänger hatte dies in den vergangenen Wochen erst als „Behördenfehler“, später als „Büroversehen“ deklariert. Immerhin hat das Ministerium nach der Kritik des Rechnungshofes die Förderpraxis für den ländlichen Raum umgestellt – wegen Verstößen gegen EU- und Haushaltsrecht.

Zu den Umständen der Zuschussvergaben über eine vergleichsweise geringe Summe aber verstrickt sich das Ministerium ohne Not immer tiefer in Widersprüche. Das wirft die Frage auf, ob hier etwas vertuscht werden sollte. Denn es existieren plötzlich zwei Versionen des damaligen Förderbescheids – mit einem wollte die Landesregierung in den vergangenen Wochen Kritik zerstreuen, den anderen bekamen die Landtagsabgeordneten von Vogelsänger.

Falsche Angaben im zweiten Dokument

Die erste Version stammt aus dem elektronischen Verwaltungsinformationssystem (VIS), die zweite ist eine Kopie des damaligen Förderbescheids. Vom Inhalt her – nämlich der Bescheid selbst – sind beide gleich. Doch in den Details, etwa im Briefkopf, gibt es erhebliche Unterschiede, obwohl das Ministerium stets betonte, dass die VIS-Fassung im Nachhinein nicht verändert werden könnte. Die Geschäftszeichen sind nicht die gleichen. Auch die Telefonnummern derselben Mitarbeiterin beim Haushaltschef des Ministeriums sind unterschiedlich: Eine Nummer gehört zum Agrarministerium, die andere zum damaligen Verkehrsministerium, das damit gar nicht befasst war. Merkwürdig ist auch: Im Original-Bescheid steht der Name einer Mitarbeiterin, in der VIS-Version trägt sie plötzlich einen Doppelnamen, obwohl doch die Dokumente laut Ministerium nicht verändert werden könnten. Geheiratet hat die Frau nach PNN-Recherchen aber erst vor vier Jahren.

Auch in einer Tabelle zu den Geschäftsgangverfügungen, die die Bearbeitung des Bescheids im Ministerium darstellt, gibt es Merkwürdigkeiten. Im Förderbescheid bei „Schlusszeichnung“ steht als Vermerk die Paraphe eines Ministerialbeamten und das Datum 19. Mai 2005. Nach Auskunft aus dem Ministerium handelt es sich um den damaligen Haushaltsbevollmächtigten des Ressorts. Demnach wurde der Bescheid also am 19. Mai genehmigt, nicht erst am 26. Mai, wie Vogelsänger behauptet. Dieses Datum steht jedoch maschinenschriftlich in der angeblich elektronisch gespeicherten Version mit der falschen Telefonnummer und den Doppelnamen.

Opposition wirft Minister Verneblungstaktik vor

Ministeriumssprecher Schade behauptete trotz der Widersprüche, dass die Aktenlage detailgetreu in den Landtagsausschüssen für Landwirtschaft, Haushaltskontrolle und Haushalt dargelegt worden sei. Die Opposition sieht das anders, sie warf Vogelsänger mehrfach Verneblungstaktik vor. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel kündigte an, der Haushaltskontrollausschuss werde sich erneut mit dem Fall befassen. Die Widersprüche in den Unterlagen müssten aufgeklärt werden. Selbst Regierungsmitarbeiter sagten den PNN nach Sichtung der beiden Versionen: „Da ist etwas faul.“

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