Von Alexander Fröhlich: Eine Kommission, zwei Anträge
Einigungsversuch scheitert an Enquete-Auftrag der Opposition zu Landwirtschaft und Medien
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Potsdam – Vor Einsetzung der Enquete-Kommission des Landtages zur Untersuchung der Nachwendejahre bleiben rot-rote Regierungskoalition und Opposition auf Konfrontationskurs. Die Parlamentarischen Geschäftsführer aller fünf Fraktionen konnten sich auch am Mittwoch bei einem letzten Versuch nicht auf einen gemeinsamen Antragstext einigen, weitere Gespräche soll es nicht geben. SPD und Linke wollen sich Ende März im Landtag enthalten und einen Ergänzungsantrag einbringen.
Konkret dreht sich der Streit um zwei, laut SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke für das Land „schädliche“, Passagen im gemeinsamen Entwurf von CDU, FDP und Grünen. Rot-Rot lehnt es ab, den Umbruch und Eigentumsfragen in der Landwirtschaft sowie die Rolle der Medien nach 1990 zu untersuchen. Die Opposition wollte darauf nicht verzichten. Woidke dazu: „Wir halten das für überzogen und grundsätzlich falsch“. Im Ergänzungsantrag von SPD und Linke spielten die sozialen Verhältnisse eine größere Rolle, „die Ängste der Bürger“ damals. Auch die Rolle von Aufbauhelfern aus dem Westen gehöre dazu, es gehe aber nicht um deren „Verurteilung“. Der Antragsentwurf hebt zudem den Zeitdruck hervor, unter dem staatliche sowie kommunale Strukturen neu errichtet und – zur Stabilisierung des Systems – möglichst viele Bürger integriert werden mussten.
Linke-Fraktionsgeschäftsführer Christian Görke will nun auch die Rolle der Treuhand beleuchten, die durch das Abwickeln maroder DDR-Betriebe zum Symbol für den „Ausverkauf“ des Ostens wurde. Görke warf der Opposition mangelnde Verhandlungsbereitschaft vor. „Die Linke wird keinem Antrag zustimmen, der vor allem rückwärtsgewandt und zudem einseitig die 20 Jahre nach Gründung des Landes Brandenburg betrachtet.“ An vielen Punkten nehme der Enquete-Antrag die Antworten vorweg, die Opposition begründe diesen mit Verweis auf die Stasi, dabei hätten CDU und FDP nach 1990 zeitweise in Regierungsverantwortung gestanden – ein Seitenhieb auf deren eigene Versäumnisse bei der Stasi-Aufarbeitung.
Tatsächlich setzt die Opposition nach zahlreichen Stasi-Fällen im Landtag und bei der Polizei auf „Versäumnisse“ bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur, etwa beim Umgang mit Stasi-Spitzeln und Funktionären in Behörden und Kommunen. Es geht um den „Brandenburger Weg“ des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD). CDU-Fraktionsgeschäftsführer Ingo Senftleben warf SPD und Linke einen „unfairen und überheblichen Umgang mit der Opposition“ vor, weil diese mit „unabänderlichen Bedingungen in die Gespräche“ gingen, zumal von Görke geforderte Fragen wie etwa zum Wirken von West-Personal bereits im Oppositionsantrag enthalten seien. „Entweder wurde der Antrag nicht oder nur unvollständig gelesen oder aber hier werden Aussagen bewusst falsch gedeutet und mit Unterstellungen gearbeitet“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Zu behaupten, Ziel der Enquete-Kommission sei es, die Medien zu benoten und eine nachträgliche Zensur zu verhängen, ist genauso abstrus wie der von der Linken verwandte Begriff des Gesinnungs-TÜVs.“
Vogel als Initiator ist dennoch vom Erfolg der Kommission überzeugt, „bei einem Großteil der Fragen gibt es keinen Dissens“, gemeinsame Positionen dürften möglich sein. Auch durch die sieben Wissenschaftler habe das Gremium einen Vorteil, diese „lassen sich nicht von Parteien vereinnahmen“, deren Streit würde in den Hintergrund gedrängt. Die hochrangige Besetzung durch die Fraktionen sei ein Garant, die Kommission „wird Erfolg haben müssen“. Selbst Linke-Fraktionsgeschäftsführer Görke setzt auf „Konsens“ und „verantwortungsvolle Zusammenarbeit“, es dürfe keine zwei, nebeneinander agierenden Kommissionen in einer geben.
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